Ich stöbere im Keller, suche eigentlich etwas ganz anderes und stolpere über ein völlig verschmutztes Gemälde. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Leider kein Rembrandt, aber unzweifelhaft ein früher Criegern. Ein Zeitsprung von 61 Jahren. Was war 1956? Meine Schulstadt Göppingen war Maschinenbau-Stadt. Wir Jungkünstler waren ein überschaubares Häuflein. Klaus Heider war der älteste und kam aus einer ausgeprägt künstlerischen Familie. Wir anderen, einschließlich meinem ein Jahr älteren Schulfreund Fritz Weigle, der als F.W. Bernstein Karriere machte, kamen aus einem bürgerlichen Milieu. Mir gings in der Schule nicht schlecht. Ich bekam ein eigenes Atelier über der Feuerwehr gegenüber, das ich dann allerdings, weil mich der Mathelehrer, der zudem Rektoratsassistent war, mit einem Mädchen, vielleicht mit der Schönen auf dem Bild dort erwischte, schnell wieder verlor. Über einen wunderbaren älteren Maler, Helmut Baumann, den es nach Göppingen verschlagen hatte und der bei der VHS einen Kurs anbot, kam ich mit der klassischen Moderne Frankreichs in Berührung. Mit Abstand der Jüngste verehrte ich ihn als Botschafter der großen Kunst. Immer in schwarzem Anzug mit Weste, leicht mit Farbe bekleckert, mit Stapeln von Leinwand und Malpappe kehrte er Ende des Sommers aus der Provence zurück. Auch die Tanzstunde muss in dieses Jahr gefallen sein. Mädchen- Erfahrungen, bescheidene sportliche Erfolge und die französische, besser die Pariser Kultur stützten den Jungen-Alltag. Solche gestreckten Figuren wie auf meinem Bild waren durch Modigliani, Bernard Buffet, einen ziemlich vergessenen Maler, aber auch Matisse u.a. „en vogue“. Es war aber auch die Zeit der „tristesse“, des Chanson, Sartres. Davon spricht die in sich gekehrte Haltung der jungen Frau auf dem Bild. 17 Jahre alt zu sein, war nie einfach.