Bekenntnisse eines didaktischen Künstlers 1 (Art77blog Nr.135)

AvC,Vase 1978. H. 46 cm, Unterglasurfarbe, Transsparenzglasur

Auf meinem YouTube-Kanal habe ich unter demselben Titel einen Film eingestellt.

“Bekenntnisse“ ist der ironische Titel einer Reihe von Posts, die ich heute beginne und in denen ich mich als Kunst-Aufklärer oute. Von Jugend an war ich fasziniert von Kunst. Ich wollte wissen wie Kunst geht, nicht was Kunst ist. An der Kunstakademie bekam ich keine Antwort.Bei einem strengen geisteswissenschaftlichen Studium (Kunstgeschichte, Archäologie und Politikwissenschaft ) lernte ich dann die Welt der Ikonografie und Ikonologie kennen. Künstlerisches Erleben , Kommunizieren und Handeln wurde mein zentrales Thema. Nach 4 Jahren geisteswissenschaftlicher „ Ochsentour“ und Dissertation kam ich nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit Schülern zum Schluss , dass ich meine Frage nur über meine eigene Praxis beantworten kann.

Was für mich heute klar ist, galt 40 Jahre zuvor, als diese Vase entstand, noch nicht. Aber was ich heute in der  Arbeit zu sehen glaube, ist ein leidenschaftliches Suchen nach dieser Antwort. Figürliche und nicht gegenständliche Motive reihen sich ohne erkennbares Register aneinander. Einzelne Motive werden bewusst isoliert, andere Partien wechseln die Stilmittel, ohne dass nachzuvollziehen ist, warum. Die Anordnung lockt auf die Fährte einer Bildgeschichte, aber diese Geschichte muss man sich ausdenken. Was mich heute anrührt, ist die Heftigkeit und Vehemenz zusammen mit einem offensichtlich kaum zu stoppenden Mitteilungsbedürfnis. Und  ich war kein Jüngling mehr, sondern  ich war nach 5 Jahren Schul-Lehrer inzwischen schon wieder 6 Jahre Hochschullehrer. Aber dieser fragende, offene Zug blieb. Er änderte sich auch nicht während eines reichen Berufslebens . Ich hatte eine heilige Angst vor allzu ausgearbeiteten Dingen, meinte die Langeweile schon zu spüren. Und natürlich betrifft das auch meine Vorstellungen von Lernen. Ich kann nicht und wollte nie belehren. Meine Motivation ist es andere an meiner Begeisterung für Kunst in allen Erscheinungsformen teilnehmen zu lassen und sich selbst immer wieder die Frage „Wie geht Kunst?“ und meinetwegen auch „Was ist Kunst“ zu stellen.

English Summary 

The romantic title „confessions“ refers to a serious self questioning. Today I know that my attitude towards learning of art is not being an instructor, but at best a mentor or trainer. I remembered that when I lately discovered a vase, which I had designed 40 years ago. The black drawing on white clay is very little structured. With its changing styles and subjects it talks about art as an open affaire, as a passionate search. Working at a university already 6 years , I probably expected from my students the same open minded art research.

 

 

Leicht und verspielt (Nr. 134)

Siehe den gleichnamigen Film auf YouTube, Kanal Axel von Criegern

Leicht und verspielt, Aquarell, Feder, Tusche, 2018

Das einwöchige Posten von „art77blog“ setzt mich manchmal ganz schön unter Druck. So geschehen bei den Filmen Nr. 132 und 133. Als ich merkte, dass ich bei einem weiteren Höhenflug nichts Vernünftiges erreichen würde, rief ein Freund durch Atelier-Fenster: „leicht und spielerisch bleiben!“ Ich ließ mich sozusagen entspannt zurückfallen und begann mit Aquarell Zeichen zu pinseln. Ohne Raster ließ ich Zeichen und Reihen aufeinander folgen, wie bei einem Brief.Als ich merkte, daß die Sache zu flüchtig wurde, habe ich mit Feder und Tusche Akzente gesetzt. Zwar arbeitete ich leicht, doch  zugleich hoch konzentriert. Unendlich oft habe ich solche Zeichenfolgen gemalt und gezeichnet. Ich bin ein Fan früher Schriften, schreibe und lese meine „Texte“ . Daß es Strukturen braucht, die eine solche Seite auch gestalterisch „lesbar“ macht, weiß ich aus vielen, vielen illustrativen Arbeiten. Hier habe ich das Schwarz oben hinterlegt und dadurch die Zeichen veklammert . Dieser Zusammenhalt wird nach unten leichter und löst sich unten wie bei einem unterzeichneten Brief soweit auf, daß auch keine Tuschestriche mehr sinnvoll sind. Im Film zeige ich noch kunstgeschichtliche und alltags- ästhetische Bezüge.

English Summary

Looking back the posts of the last two weeks were pretty heavy. A friend watching me working for this post said „Take it easy!“ I felt this was a good advice. Feeling free I started to paint signs in watercolour, as I had done often before. This time I focussed on the drive of the page. In the upper part the signs were packed in black, further down, supported by pen an ink -contours and at the end became looser, open playing. Please look at YouTube : Axel von Criegern: „Leicht und verspielt.“

 

 

 

 

 

 

 

Was Zeichnungen verraten (Nr. 133)

1958. Weibliche Figur. Feder, Tusche laviert; 28x23cm

Ein Film „What drawings tell“  mit biografischen Bezügen ist auf meinem YouTube-Kanal „Axel von Criegern“ zu finden

Eine sehr dichte Bleistift -Zeichnung , die in den vergangenen Tagen entstand, hat mich nachdenklich gemacht: Habe ich nicht schon immer wieder einmal so gezeichnet?  Ich habe einige Arbeiten, die zwischen 1956 und heute entstanden sind, zusammengesucht:

1956– Mit 17 Jahren entstand das Selbstbildnis unter deutlichem Einfluss des Kubismus: Selbsterforschung und Selbstdarstellung als Künstler.

1958– Mit 19 Jahren Erproben eines expressiv- dekorativen Stils, der auch heute noch eine gewisse Bedeutung für mich hat.

1962– Verdichten als Mittel Gegenstände so sachlich wie möglich abzubilden und darzustellen.

1972-Verdichtung um sich dramatisch -politisch zu äußern (hier das anhaltende Thema des Vietnamkriegs). Provokation durch Kontrast mit einem Motiv A.Dürers. (Nach dem Abschluss der klassischen Kunstgeschichte und Archäologie mit einer Dissertation über Jan Steen wurde die Verbindung von Kunstgeschichte und eigener künstlerischer Praxis  zu meinem didaktischen Leitmotiv.)

2008– Verdichten um ein literarisch vorgegebenes Thema eindringlich darzustellen. Ausgewogenes  Verhältnis von Inhalt und künstlerischer Lösung ( seit 1979 vielseitige Erfahrungen als Illustrator. 1996 „Vom Text zum Bild. Wege ästhetischer Bildung“)

2018– Mit 78 Jahren deutliche Steigerung des Interesses an der grafisch-künstlerischen Qualität mit Hilfe der Verdichtung. Das Thema ist nicht vorgegeben, sondern die Zeichnung „verdichtet“ sich mit jedem Strich von der ungefähren Form hin zum „grafischen Gegenstand“.

 

English Summary

When drawing the last days it seemed to me a very familiar kind of drawing, that I practised since ever. I chose and compared drawings, not sketches, of various periods. 1956: The selfportrait of the 17 years old  artist tells about orientation (cubism!) and curiosity. 1960- 2008: Drawings of the grown up, „settled“ artist are design statements and illustrations and show a good balance of matters and aesthetics. 2018 stands for the late artist, who has a major interest in the quality of performance and self- reference of art. Probably this is very different in everybodies life. But I think its worth to watch changes and devevelopments already in earlier years.

1956. Selbstporträt; Bleistift ,23×19,5 cm
2008. „Die drei Tauben“, Federzeichnung zu Peter Prange „Die Gottessucherin“
2018 „o.T.“ Bleistift, 16x 15 cm

 

 

 

Eine Skulptur mit aufgemalter Betrachtungsanleitung (Nr.132)

Axel von Criegern: Zinkblech, Acryl-Stifte (Molotow), 2018 ;copyright

Das zugehörige Video „Eine Skulptur mit aufgemalter Betrachtungsanleitung“ ist bei YouTube eingestellt: Axel von Criegern, Videos zu art77blog.

Nach einer Woche disziplinierter Arbeit an dem zuletzt entstandenen Metallrelief aus Quadraten und Würfeln, gewann die Lust am spielerischen Gestalten (wieder) die Oberhand. Im Atelier fiel mein Blick auf eine kleine, bunte Plastik aus dünnem Alu-Blech. So etwas, aber unter Einbeziehung der in der Woche zuvor gewonnenen Form-Sicherheit,  konnte ich mir vorstellen.Ich wählte ein starkes Zinkblech und schnitt in Gedanken an eine feste Struktur  selbst  Kurven und Kreisformen. Während der Arbeit kam mir die Idee die Struktur auf das Metall zu zeichnen und zu malen. Was entstand ist, wohlwollend betrachtet,  eine integrierte Betrachtungsanleitung, vielleicht aber auch nur Dekoration. Es entsteht die Frage, ob sich der tiefere Sinn dieses Designs einem Betrachter erschließt oder ob nicht das Zusammenspiel von Material, Form und Farbe der eigentliche Sinn ist.

English Summary

A sculpture with the painted advice how to look at it“ was the reaction to the very disciplined work of last week (Nr. 131). I decided to make the basic square grid visible with paint on the surface of the object. Hard to say whether this kind of instruction has any influence on our visual perception or if it is just  a free game of forms and colours.