Ruhig und tief atmen und sich unwichtig machen ( art77blog;Nr. 179)

„Reset“, Bleistift auf handgeschöpftem Papier, 25x20cm, ©️2019

Klingt wie eine #Yogaübung, ist aber eine wichtige künstlerische Erfahrung. Durch dringende Aufgaben abgehalten, wollte ich wenigstens ein Minimum an künstlerischer Aktivität beibehalten. Ich merkte, dass das Verzweiflungstaten waren: ein paar Schnitte ins Blech, eine Papier-Blech-Montage, Zerschneiden eines älteren Leinwand-Bildes und Übersprühen mit Gold. Da waren sicher verwertbare Ansätze dabei, aber es fehlte die Zeit sie zu verfolgen. Was blieb war Unzufriedenheit. Als sich die Situation entspannte, begann ich mit #Bleistift auf sehr schönem, #handgeschöpften Papier #kleine Zeichen zu setzen- ohne Vorstellungen, Aufgaben, Ziele. Ein vertrautes Gefühl der #Sicherheit stellte sich ein und löste immer wieder den nächsten Schritt aus. Eine wichtige Erfahrung der #künstlerischen Selbstvergewisserung.

Breath deep and feel small, but well protected to regain control. This is a kind of „reset“ after a period of overload and stress. Start working on the lowest level and watch what happens.


Endet das #Anthropozän? (art77blog Nr 178)

Skizze nach dem Besuch der Ausstellung „Ed Atkins. Ye Olde Food“ im K21, Düsseldorf

16. März, K21 Düsseldorf: Meine erste Begegnung mit einem Werk des 1982 in Oxford geborenen Künstlers #Ed Atkin hat in mir ziemlich viel aufgewirbelt. Mit seinen #Computer-Animationen schafft er einen neuen, fiktiven Menschen, der nur noch sehr künstlich mit uns verbunden ist. Ich erinnerte mich an #Bruce Naumans #Video-Installation bei der #Documenta IX, 1992, mit den nach unten hängenden Köpfen und ihrem verzweifelten Geschrei. Der Schritt ist ein gewaltiger: Nauman stellte seine wirklichen Menschen in besondere Situationen und filmte sie in besonderer Weise. Atkins #„morpht“ seinen Menschen ausgehend von der Struktur seines eigenen Körpers und lässt diesen #‚homunculus‘ in verfremdet erfundenen Situationen agieren. Menschen jenseits und ‚nach’ der Natur. Die Entwicklung von 1992 bis 2019 lässt an grössere Zusammenhänge denken: an das beginnende Verständnis des #menschlichen Körpers als #Objekt der Wissenschaft, das letztlich zur #künstlichen Befruchtung, #künstlichen Organen bis zum #Klonen führte. Dazu gehört auch die Auslagerung des Gehirns in die ‚#künstliche Intelligenz‘, die Entwicklung von #Robotern als Ersatzmenschen für alle denkbaren Tätigkeiten und Bedürfnisse. Ich werde das Gefühl nicht los, dass #Medienkünstler wie Atkins uns Einblicke in eine Zukunft gewähren, die nur noch die leere Schale dessen ist, was einmal der Mensch war. Ein Blick in das #Post- Antropozän, eine Zeit, in der der Mensch nicht mehr die gestaltende Kraft ist. Dann muss auch #Google( „wir wissen…‘) neu erfunden werden.

When I saw the show „Ye Old Food“ with a video installation of the 1982 Oxford born artist Ed Atkins, I felt very upset and impressed. I remembered a video installation of Bruce Nauman at the Documenta IX 1992. A huge difference! And I thought about the development of mankind from the beginnings of science up to robots and AI. Are we moving right to the end of the „ antropozän“?

Kunst- „Klopperei“ (art77blog Nr.177)

Axel von Criegern: „Burg“; Alu-Blech, Acryl-Farbe 2018/2019
Axel von Criegern: „Klopperei“, Feder, Aquarell, iPhone
Axel von Criegern: „Kunst-Klopperei“, 2019; Feder, Aquarell, 40×30 cm

Am 27. April 2018 habe ich gepostet:#„Ein geometrisches Blechrelief entsteht“ (art77blog Nr 131). Aus der Reihe meiner Blecharbeiten ragte diese Arbeit wegen ihrer Strenge heraus. Das beschäftigte mich immer wieder. Vor ein paar Tagen habe ich damit begonnen, das Blech mit einem schwarzen Marker zu bezeichnen. Sofort spürte ich die Lust über alle Formen und Höhenunterschiede weg zu zeichnen. Ich erinnere daran, wie ich schon mehrfach auf das Vergnügen verwiesen habe, ein #Raster mit Zeichen und Farbe zu animieren. Vergleichbar bin ich auch hier verfahren. Irgendetwas fehlte aber noch. Ich fand eine Kiste mit alten Spielzeug-Figuren und spielte drauf los. Eine wilde „Klopperei“ brach aus. Und dann erinnerte ich mich an Experimente, die ich zu Beginn des Kunststudiums gemacht hatte: Aus Abfällen eine #Bühne zu bauen und die dann abzuzeichnen, bzw abzumalen. Fotografien von der „Burg-Erstürmung“ führten auch diesmal dazu, eine kolorierte Zeichnung anzufertigen.
Zwei Dinge fallen mir selbst auf . Das eine ist diese Lust am #Narrativ, das die formale Struktur belebt und ihr ihren eigntlichen Sinn gibt. Das andere ist der kleine Maßstab und Modell-Charakter meiner Versuche. Ich habe nie die Umsetzung in grössere Dimensionen gesucht. Selbst hier war mir das Spiel wichtiger als die Realität!

I love to explore art as a large playground. This time it happend on two levels. On the first one I shaped a geometric relief from an aluminium-sheet. I pushed myself to a certain rigidity and the result was not as bad. (See art77blog Nr 131). After a while I became bored and worked over this plain and „empty“ piece of metal with colours. Now it looked somehow like a castle. When I found a box with toy -figures I arranged an assault. The whole thing endet very peacefully in a watercolour -sketch.

Ein sehr besonderer Bildbereich ( art77blog Nr 176)

„Schutzpatron“, Photoshop Fehldruck, Unikat 2008

Beim Ausdrucken einer Computer-Zeichnung schaute unten rechts der Ausschnitt eines alltäglichen Fotos heraus. Ich habe keine Ahnung, wie das passiert ist. Gewollt ist es jedenfalls nicht und das Foto stammt auch nicht von mir. Und letztlich weiß ich auch gar nicht warum ich den Fehldruck aufgehoben habe.

Bei #Maks Dannecker stiess ich vor kurzem auf den Begriff der #„besonderen Bildbereiche“. Da geht es um alle Arten von Zufällen, Fehlstellen, die ich bisher als wertmindernd eingestuft hat. Und ich begann meinen Fehl-Druck aufmerksamer zu betrachten. Meine #Wahrnehmung änderte sich: Das Stück Fotografie bekam ein eigenes, ästhetisches Gewicht, nicht mehr als absurde Störung, sondern als möglicherweise zugehörig. Bekam dadurch die Farborgie nicht erst ihre volle Wucht? Ich sah helle Fußstapfen, die von den Schuhen der Lichtfigur stammen könnten (der Himmel zwischen den Baumkronen). Dann noch die passgenauen Bildkanten ! Das ganze war plötzlich kein Katastrophen-Druck mehr, sondern eine gezielte, meisterhafte Pointe! So absurd das klingt, dürfen wir etwas nicht vergessen: die Geschichte der Kunst ist auch eine #Geschichte der Wahrnehmung. Was wir gegenwärtig als mehr oder weniger überzeugende Neuheiten feiern, sind aktuelle Belege dieser Veränderungen. Damit ändert sich auch das System der #Werte. „Richtig“ und „falsch“ gibt es spätestens seit Cezanne nicht mehr. Wir reagieren auf die künstlerisch-ästhetische ‚Stimmigkeit‘. Diese erschöpft sich aber längst nicht mehr in Harmonie und Schönheit. Die Frage erhebt sich: wer setzt dem ‚everything goes‘ Grenzen? Sieht man einmal vom Markt ab, dann kann die Antwort nur heißen : wir selbst- mit unserer Sensibilität,unserer Toleranz, Bildung und – unserem Anspruch. Wir sind gefordert hellwach am laufenden Kunst-Diskurs teilzunehmen. Schließlich geht es um unsere ureigenen Belange. So gesehen ist die spektakuläre Inszenierung der Selbstzerstörung eines Bildes von #Banksy im Rahmen einer Auktion ein drastischer Verweis auf einen besonderen Bildbereich und neue Dimensionen des „Bildes“.

Besondere Bildbereiche“. Böblinger Kunstverein. 17.03.- 07.04.2019 Ralf Bittner, Angelika Blas-Bolsinger, Axel von Criegern, Thaddäus Hüppi, Sibylle Möndel u.w. Konzept:Maks Dannecker

‚Besondere Bildbereiche‘ refers to artworks that are usually underestimated on behalf of some damages or not satisfying performance. This post asks for a re-eveluation, a different perception of such works.

Ekstase: Ich und …( art77blog Nr 175)

Der Verfasser vor dem Video einer der jugendlichen Tänzerinnen in der Installation „The Krazyhouse(Megan, Simon,Nicky, Philip,Dee), Liverpool,UK,2009“ von Rineke Dijkstra. Kunstmuseum Stuttgart, 23.2.2019 ©️AvC

Eine Beobachtung Besuchder Ausstellung „Ekstase“ im Kunstmuseum Stuttgart: Beim Abschreiten der Exponate einer enzyklopädisch konzipierten Ausstellung von imponierenden Dimensionen kam
ich mir nach 2 Stunden zunehmend fremd vor. Meim letzter Raum war die Installation „Krazyhouse“ von R. Dijkstra. In einem dunklen Raum, auf weißem Grund einer Projektion , die filmische, lebensgroße Aufzeichnung einer tanzenden Jugendlichen. Zu Beginn schien sie sich ihres Einzelauftritts bewusst uu sein. Dann versprühte sie hingerissen pure Lebensfreude. Auf einer weiteren Projektionsfläche erschien danach eine andere junge Frau. Sie führte robotische Arm-Bewegungen aus, die den schlaksigen Körper wie #Elektroschocks trafen. Plötzlich war ich nicht mehr „mitgerissen“, sondern eine Art von #Voyeur, der kühl den hier exponierten Körper fixiert; eher entsetzt als berührt angesichts eines #kulturanthropologischen Phänomens. Meine Fremdheit wuchs. Als Beleg meiner Zeugenschaft nahm ich das Selfie vor dem Video der tanzenden Frau auf: „ich war dabei“! Von dem Foto bin ich insofern begeistert, als es mich Lügen straft: Ein alter Knöterich vor dem Bild einer ausgelassenenen und vergnügten, , jungen,selbst in der Ekstase triumphierend schön geschminkten, selbstvergessenen Frau -aus einer #Kosmetik-Werbung. Aber das Auseinanderdriften von erinnertem Erlebnis und Fotobeweis ist ein anderes, spannendes Thema.

I visited a show at the Stuttgart Kunstmuseum with the title „Ekstase“ (ecstasis). Three curators had done a fantastic job. A show of encyclopedic dimensions. After two hours I felt like an alien. To bring me back in the party I made a selfie right in front of a hip hop dancing girl in an video installation of Rineke Dijkstra. Now I really looked like an alien. Don‘t I?