An Rande der Mathematik (art77blog Nr.188)

Punkte, Gerade , Kurven (red dot)©️2019

Ich habe ohne deutliche Absicht mit einem schwarzen Kuli auf weißem Papier gepunktet-„Sand“. Beim Verdichten und Lockern ergaben sich „Höhen“ und „Tiefen“. Offensichtlich war mir das Ganze zu wolkig und mit einem #„Übersprung“ habe ich entlang einiger sich abzeichnender Kanten mit einem Lineal gerade Linien gesetzt. Fast zwingend „verlangten“ einige Rundungen auch entsprechende Kurven-Linien. Wenn ich es richtig verstehe, war das darauf folgende „Einbuddeln“ der Linien in den „Sand“ ein Verankern der Linien im Raum.

Mit einem Blick in #Wikipedia habe ich die mir langsam dämmernden losen Verbindungen zur Mathematik klar gemacht: Kurven sind Gerade, die von der Geraden abweichen. Ein Bogen eignet sich deshalb zum Schießen, weil er nach dem Lösen der Spannung zur Geraden zurück schnellt. Durch mein Rückbinden der Geraden und Kurven an die Sandwolken rückte ich die Kurven in die Nähe zu Krümmungen, räumlichen Kurven. In einer Wikipedia-Notiz wurde die Beziehung der Krümmung über den Raum zur Zeit und die Rolle bei #Einsteins Relativitätstheorie erwähnt.

Jetzt wurde mir mulmig. Ehe mich der Höhenschwindel abstürzen ließ, beschloss ich die Heimkehr zu Farben und Rhythmen. Versöhnliches Ende einer Odyssee im Raum oder beruhigende Landung des Ikarus.

English Summary

Playing around with a ball pen I produced kind of clouds. At a certain point I used straight lines to fix some blurring shapes. Almost naturally followed curves . Now I remembered weakly mathematical definitions up to spacial bendings. In difference to Ikarus I didn’t crash, but flew straight home where colours and rhythms waited.

Punkte, Gerade, Kurven ©️2019

Fotografie: Immer noch eine #„illegitime Kunst“?(art77blog Nr 187)

Eingangsraum der Ausstellung „Ex Machina. Leonardo da Vincis Maschinen zwischen Kunst und Wissenschaft“ . Tübingen, Schloss Hohentübingen

Das für 150 Jahre brisante Thema #, Fotografie und Kunst‘ hat erheblich an Aktualität eingebüßt. Dafür stehen mehrere Gründe. 1. Die Messlatte für Kunst hängt seit #Warhol und #Beuys niedriger und 2. Seit dem Wirken der #Bechers an der Düsseldorfer Akademie konnte man die Kunst-Zugehörigkeit der Fotografie ständig wachsen sehen. Begleitend nahm der Aufwand an Zeit und und Technik zu. Bei #Thomas Demand gehen z.B. der Aufnahme große Modell-Arbeiten voraus und bei #Andreas Gursky werden mit Hilfe von Assistenten und aufwändiger Computer-Technik die Handy-Schnappschüsse des Meisters nachbearbeitet. Gerade solche Beispiele markieren den Abstand zum Reise-oder Familienfoto und letztlich auch den Kunstanspruch.

Eine private Erinnerung ist die i-Phone-Aufnahme, die ich im Eingangsbereich der Tübinger Leonardo-Ausstellung gemacht habe. Mich hat das vom Kurator #Ernst Seidl sicher beabsichtigte Aufeinandertreffen von Maschine, Devotionalien-Kitsch und Antike gereizt. Ich habe das als kurioses Magazin wahrgenommen und festgehalten. Ganz anders bei der „Miniatur“, die ich 2 Tage später begonnen habe. Ich habe 3 Tage an ihr gearbeitet: mit Bleistift-Linien begonnen und später dann Farbstifte verwendet. Bei der „Miniatur“ weiß ich, dass ich berufsbedingt mit Kunstanspruch gearbeitet habe. Im Falle des Fotos überhaupt nicht. Bestenfalls ging es darum den Witz, den ich in dem Arrangement sah, zu konservieren. Dennoch finde ich das Foto ansprechender als meine Zeichnung. Mit Kunst hat das nichts zu tun. Ein Erfolg der nur von ein paar Schlafstunden unterbrochenen täglichen #ästhetischen „Erziehung“ durch die Massenmedien ???

„Miniatur“, Farbstifte auf Schreibpapier,12,5 x 19,5 cm ©️AvC2019
# Pierre Bourdieu, Luc Boltanski u.a. „Eine illegitime Kunst. Die sozialen Gebrauchsweisen der Photographie.“ Frankfurt 1983 ( Paris 1965).
# Dies formuliere ich unter dem Eindruck eines von Ranga Yogeshwar im Rahmen der Mediendozentur 2019 an der Universität Tübingen gehaltenen Vortrags: „Mensch und Maschine- wer programmiert wen?“ (YouTube).

English Summary
The story of the photography begins 1840. The first chapter was a kind of orientation how far he new technique would substitute painting and drawing. The second chapter was focussed on the social impact of the photography specially as mass medium. The last chapter separates the Photo-Art from the daily photo-communication.

Egregio Signore Leonardo…(art77blog Nr 186)

„dies ist kein weiterer Versuch ihnen einen angeblich echten Leonardo unterzujubeln…“ Aber auch die glänzende Tübinger Ausstellung #‚ Ex Machina. LEONARDO da Vincis Maschinen zwischen Wissenschaft und Kunst‘ kommt natürlich nicht ganz ohne Verweis auf das teuerste je verkaufte Bild aus. Mein ‚Nerv‘ wurde durch das Thema „ zwischen Wissenschaft und Kunst“ getroffen. Das Studium des Katalogs und dort besonders die Beiträge von #Frank Stölzl und #Ernst Seidl haben mich eine völlig neue Sicht auf Leonardo gelehrt, nämlich den Wissenschaftstheoretiker. Er, der sich selbst als ungebildet bezeichnete und sich damit vom raffinierten humanistischen Diskurs absetzte, gelang eine #„anthropometrische“ , empirische, den Menschen wirklich zum Maß aller Dinge machende #„relationale“ Neuvermesseng der Welt jenseits der herrschenden #„Metrologie“. Kunst und Ästhetik waren für ihn die Sprache dieser neuen Methode. Und zwar zuerst die Kunst, dann die analysierende und entwerfende Zeichnung und dann viele, viele Texte…Grazie messer Leonardo, sei stato un vero genio, un nuovo „stupor mundi“ !!

#3.Mai bis 1. Dezember 2019, Schloss Hohentübingen. # Frank Zöllner: „Vom Bild zum Text und zurück, Leonardo da Vinci und die Episteme des Bildes“ in: Ernst Seidl, Frank Dürr, Michael La Corte (Hg.) =Katalog zur Ausstellung. # Ernst Seidl : „Das Denken im Tun. Die Zeichnung als Medium der Forschung.“ Ebenda. Weitere Beiträge von Marc J. M. van den Broek, Anna Pawlak, Frank Fehrenbach, Sergiusz Michalski, Frank Dürr, Ursula Schwitalla u.a.m.

English summary

We know Leonardo da Vinci as creator of the „Mona Lisa“ and designer of futuristic machines. From a show at Tübingen (its catalogue) I learned now, that his third important position is that of a developer of a new scientific approach to the world, an „anthropometric one.

Vorsicht! Ich bin ein identischer Künstler.(art77blog, Nr.185)

„Identisch“. Tusche, Bleistift, Aquarell; ©️AvC, 2019

Die künstlerische Identität in Frage zu stellen, ist wohl gerade chic. #Yun jang, Österreicher chinesischer Herkunft, überlässt den Betrachter seinen Gedanken zu“ Künstler, Werk und Ausstellung“ (#Kunstmuseum Graz). In #Venedig gestaltet Frau „Happelmann“ (die deutsch-iranische Künstlerin #Natascha Sadr Haghighian zitiert Verballhornungen ihres Namens)deutschen Pavillon als Spiel mit Identitäten.
Will man sich aus der allgemeinen Verunsicherung durch eine Flucht nach vorn befreien? Jeder künstlerisch produktive Mensch kennt das kurzzeitige Verschieben der Identität zugunsten der #Qualität der #Produkte– beides heute sehr unbeliebte Begriffe. Geht es um eine Meta-Identität außerhalb der oder des Einzelnen? Vor kurzem habe ich eine Aquarell-Serie gemalt, in der eine Arbeit jenen „identischen“ Nerv traf , der vor kurzem noch #„authentisch“ hieß.

English summary
Why is it interesting for an artist to abandon the own identity? Is this the arche noah im troubled water? There were mascarades, camouflage, pseudoyms, fakes at all times. For an artist is changing perspectives important to improve her or his work and technique. But not the identity of the artist itself! For me is the quality of an art work part of the artistic identity.

„Bursche raus!“ (art77blog Nr.184)

„Die Schlacht von Lustnau“, Entwürfe zu einem Geschichts- Comic, Tusche, Aquarell ©️AvC

Von der französischen Revolution begeistert, vom Sieg über Napoleon berauscht, war es der Mythos des deutschen Volkes ( das es in dieser Form noch nicht gab), der 1800 ff. Teile der Studentenschaft politisierte. Wie wir wissen, gilt das bis heute. Ganz und gar nicht im Sinne der französischen Revolution war aber das elitäre „Herren“- Gebaren als Folge dieser unbestrittenen Leistungen aber auch fortbestehender feudaler Strukturen. Beides brach wohl aus den beiden „Herren“ Studenten heraus, als sie betrunken von einem Saufgelage in Bebenhausen nach Tübingen zurückfuhren. Ein Schäfer, der seine Herde auf der Straße bei Lustnau weidete, wurde unflätig beschimpft. Der wiederum hielt sich auch nicht zurück. Bauern eilten zur Hilfe, Studenten wurden alarmiert und im Nu war die berühmte „ Schlacht von Lustnau“ entbrannt.
Immer wieder merke ich wie sehr Geschichte für mich aus Geschichten besteht- witzigen, absurden, anrührenden, schrecklichen, tragischen . Diese Geschichte wollte ich in ein #landeskundliches Comic aufnehmen (#Landesgeschichten, Bd 2), das dann leider nicht realisiert wurde (von der Verlagsseite).
Der aktuelle Anlass für diesen Post ist ein Beitrag im #Schwäbischen Tagblatt vom 30. April, in dem von der Beteiligung Tübinger Studentem an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik Ende April, Anfang Mai 1919. Da trug die deutsch-nationale Gesinnung mörderische Früchte. Ich
English Summary
It was the particular role of the german students under the influence of the french revolution in the history of young Germany around 1800 that made them fierce and often agressive. Here is it a harmless local fight beteeen students and farmers that was
later called „Battle of Lustnau“: “Fraternite‘,egalite‘, liberte‘ “???