Mein Picasso (art77blog.axel-von-criegern.de. Nr. 385)

Der fünfzigste Todestag #Picassos erinnert mich an die besondere Bedeutung, die er für mich persönlich hatte. Noch als Schüler hatte ich Unterricht bei einem Maler, den ich über die Volkshochschule kennengelernt hatte. Für ihn und seine Schüler*innen war Picasso das non plus ultra. Als eine ca 30 Jahre ältere ´Kollegin ´ einmal Picasso kennen lernen konnte, bekam sie einen Heiligenschein. Unser Lehrmeister nutzte die Sommerferien jedes Jahr für einen Urlaub in #Arles. Einmal holte ich den Heimkehrer vom Bahnhof ab. Er hätte ,bepackt mit Bündeln von Leinwänden und Malpappen in seinem schwarzen Anzug mit Weste und Hut samt dezenten Farbspuren, ein #Motiv Picassos sein können. So konnte es nicht ausbleiben, dass ich mir zum Abitur als „Kunstpreis“ einen Picasso- Band wünschte. Die Irritation meines Kunsterziehers spüre ich heute noch. Der neue Band des Picasso- Freundes #Roland Penrose „Picasso und seine Zeit“ erfüllte offensichtlich nicht seine Erwartungen. Aber genau das war es, was uns letztlich alle beeindruckte: dieses bis dato einmalige Künstlerleben vor dem Hintergrund unserer noch kriegsgetrübten jungen Jahre.

#Penrose, Roland, Arche Verlag, 1956

Mit der Kunst spielen (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.384)

Spielen mit der Kunst hat für mich verschiedene Bedeutungen. Im Zentrum stehen offener Ausgang, spontane Idee, lockere Beziehung zu vorgegebenen Verhaltensweisen, Normen, Regeln. Über allem stehen aber Humor und Witz. Dabei kann sehr wohl ein dramatischer Ton anklingen. In der Oberstufe haben wir bei einem strengen Musiklehrer Richard Strauss: Till Eulenspiegels lustige Streiche, offensichtlich sehr eindringlich behandelt. Unvergessen bleibt die erschütternde, schrille Flöte bei der Hinrichtung. Das hat sich so bei mir eingebrannt, dass der Schelm, der noch bis zu seinem Ende lacht, mein Ideal wurde. Viel weiterreichend in Richtung „Charakter“ ist meine Angst vor dem fertigen Werk. Solange ich an etwas werkle, solange eine Dynamik am Werk ist, die einen selbst mitreißt, alles gut. Aber das fertige Werk kann doch nur elend sein, weit hinter die Vision des Guten zurückfallend. Und noch ein Beispiel: Gestern hörte ich Monty Pythons „Always walk on the bright side of life“, dass der falsche Jesus, alias Bryan, am Kreuz singt. Das ist was für mein Zwerchfell.

Nun mag man berechtigt fragen, was die beiden Fotografien mit dem Thema Spielen zu tun haben. Gestern war ein brillanter Tag. Ich stand in der Mittagspause vor dem Haus und hatte einfach Spass an den Wechselwirkungen von Licht und Schatten. Vom gelben Nachbarhaus hob sich eine lackierte ,sitzende Blechfigur ab. Ich habe nachgerechnet, daß ich die Figur (nach einem Bild von Jan Steen ) vor 17 Jahren an einen funktionslosen Pfosten geschraubt habe. Inzwischen ist er im Astwerk der benachbarten Feige fast verschwunden. Zusammen werfen sie den Schatten eines Tierkopfes mit Geweih. Das zweite Foto entstand aus Freude über den blauen Kinder-Handschuh, der über einen Eisenriegel an einer alten Holztür gestülpt ist. Für mich ist das einfach ein Witz, wenn ein Riegel mir die Hand reichen will anstatt den Riegel zurückzuschieben.

Was die Fotos zeigen sollen, ist eine andere Form des Spiels mit der Kunst. Sie beruht auf der Wechselwirkung unseres subjektiven künstlerischen Urteils und vorgegeben Formen , Farben , Perspektiven und Motiven.

„Kann ein Käfer Sünde sein?“(Art77blog.axel-von-criegern.de. Nr. 383)

Ich darf dran erinnern?! Die von Ernst Gumrich eingeführte #Parabel vom #redenden Käfer, der eigentlich nur als Gegenstand #wissenschaftlicher #Forschung dienen soll, ist für mich  #künstlerisch verführerisch. Eigentlich geht es ja um das Verständnis meiner Form künstlerischer Tätigkeit, die episodenhaft,  häufig verspielt und unsystematisch ist. Mit dem Thema ´Käfer´ hat das prinzipiell nichts zu tun. Indem ich begann mich näher mit dieser Parabel zu beschäftigen, wurde auch der Käfer selbst zum Thema der täglichen künstlerischen Arbeit .Und so landete ich (zufällig) beim #Mistkäfer oder #Scarabäus.  Wie fruchtbar diese episodische künstlerische Methode ist, zeigt das berühmte „weite Feld“(#Fontane) , das sich immer wieder auftut. Auf Franz Kafka und seine Käfer-Erzählung Die Verwandlung habe ich ja schon verwiesen. Vor drei Tagen alarmierte mich die #Rezension eines neuen Buches von Jürgen Wertheimer: #„Mischwesen“ . Eine spannende  Lektüre, die die Parabel vom redenden Käfer in neue Horizonte rückt.

´Wenn mehr wissen Sünde ist…´

#Ernst Gumrich #Parabel #Mistkäfer #Scarabäus #Franz Kafka #Peter Erdtle # ,,Südwestpresse,Schwäbisches Tagblatt #Jürgen Wertheimer #Mischwesen +Mathes&Seitz Berlin,2022

 

„Wie die Sache mit dem Käfer immer mehr meine eigene Geschichte wird…“ (art77blog.axel-von-criegern.de. Nr.382)

Vor vier Jahren schickte mir #Ernst Gumrich  einen Text, in dem er mir auf mein öffentliches Klagen, was „#art77blog“ angeht, antwortet. In wunderbarer Einfachheit erklärt er mir den Grund, warum art77blog nicht die Wirkung hat, die ich mir anfänglich vorgestellt hatte. Eigentlich ist es kein Problem des blogs, sondern meines #Verhältnisses zu Kunst. Hatte ich nicht die #kunstgeschichtliche #Forschung als wichtiges Korsett für die dahin schlingernde  Kunst kennengelernt? Hatte ich nicht selbst die Situation als junger, angeblich fertig ausgebildeter Kulturträger als demütigend empfunden? Schließlich war da noch die wenig profilierte Aussicht auf ein Kunsterzieher-Dasein a la #Gollwitzer, der uns in der Aula der Akademie zu raren Weihestunden zusammenrief. Ich sah einen silbernen Streifen in einem    klassischen #geisteswissenschaftlichen Studium der Kunstgeschichte und #Archäologie.Ich kürze ab: so sehr erklärend der Text meines Freundes war, eine #Perspektive konnte ich daraus nicht ableiten.