„Künstlerische Lernstücke“.(art77blog.axel-von-criegern.de. Nr.407)

„Künstlerische Lernstücke“ mag etwas fremd klingen. Und es ist „fremd“!! Studierende an den Kunsthochschulen reagieren ebenso wie angehende Künstler  panisch abwehrend, wenn Wörter wie lernen, pädagogisch, Schule mit ihnen verbunden werden. Warum ändert sich das, folgt man den Biografien, auch später nicht? Weil man die Kunst nicht „verunreinigen“ möchte. Der Schatten des angeblich so harten und schmutzigen Geschäfts des Lehrens und Lernens könnte den „Glanz“ auch des blödsten künstlerischen Ansatzes noch mindern. Ironisch kann man da nur fragen, ob diese Kolleginnen und Kollegen angesichts pädagogischer Koryphäeen wie Willi Baumeister u.a. sich vor Angst verstecken. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mein Verhältnis zur Kunstpädagogik lange Zeit keineswegs ungetrübt war. Dabei ist das Lernen für mich ein und alles. Als mein außerschulischer (!) Lehrer eine Federzeichnung des 17-Jährigen durch ein Grunzen lobte, ging ich tagelang auf Wolken (s. „Meine Bilder“, Wasmuth 2009,S.20). Und das Lernen mit Menschen aller Altersstufen und Gesellschaftsgruppen, war spannend, anstrengend, aber immer auch beglückend. Komischerweise kenne ich nur das Lernen und kaum das Lehren. Gestern klärte mich meine Tochter, selbst Kunsthistorikerin, darüber auf, dass meine Arbeiten ihre Wirkung immer nur in der Einheit mit artikulierten Gedanken entfalten können. In diesem Moment platzte der #gordische Knoten, der vor Alexander das letzte Stück Wegs unüberwindlich versperrt hatte. (Dass es solcher gordischen Knoten bedarf, wurde mir nicht zuletzt durch die Arbeit am #art77blog,# „Wie geht Kunst?“ , Cantz 2019, deutlich) Da werde ich mich in den folgenden Beiträgen wohl deutlicher äussern müssen, Im Moment fühle ich mich jedenfalls selbst schon erleichtert.

Die Brücke zwischen Bild und Text (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.406)

So langsam bewege ich mich in ruhigem Fahrwasser; heraus aus den Stürmen, die sich zwischen intellektueller Begeisterung und friedlichem Genießen über Jahrzehnte aufgebaut haben. Ich bin kein Surfer, kann mir aber das Gleiten mit dem Brett auf zur Ruhe kommenden Wellen vorstellen. Bilder, die ich in den letzten Tagen und Wochen fertige , entstehen in diesem Klima. Gestern Abend, kurz vor dem Einschlafen erreichte mich die Vorstellung einer Leiter, die als mobile Brücke das handwerklich entstehende Bild mit dem flimmernden Netz von intuitiven Deutungen, Assoziationen,Gefühlen, Phantasien, Erinnerungen verbindet.  Das Bild der Leiter kam aus einer zuvor im Fernsehen gesendeten Dokumentation über die Reparatur von durch Unwetter zerstörten Brücken in Georgien.

Das Ergebnis dieser Vorstellung ist nicht nur die Verbindung von Sprache und Bild als theoretische Forderung, sondern die praktisch beruhigende Wirkung, die sich beim Bilder-Machen einstellt. Sozusagen erlebter Friede.

Gut, das klingt jetzt alles weit hergeholt. Es läuft aber darauf hinaus, dass wir der künstlerischen Tätigkeit ihre Bedeutung als erleuchtendes und beglückendes Ereignis zugestehen. Das beginnt mit dem „in die Augen fallen“ und dem folgenden genaueren Betrachten. Also in einem alltäglichen, vorkünstlerischen Erleben.

 

Die Metapher der Leiter als Behelfs-Brücke  drängte sich mir auf, als ich einen aktuellen Text in akademischer Sprache zur Kunstpädagogik las. Der Sinn meines blogs #„art77blog“ war und ist u.a. eine Kunstpädagogik ausgehend von eigenen Erfahrungen in einfacher Sprache in Verbindung mit praktischen Erfahrungen und Beispielen zu entwickeln.

Dahinter stehen immer Fragen -auch in der Kunst (art77blog.axel-von-criegern.de. Nr.405 )

Im Moment fasziniert mich der offene Umgang mit der Vieldeutigkeit , der entsprechende Aktivitäten einfordert. Ein solches  Erlebnis war vor ein paar Tagen die Aufzeichnung der Premiere der Oper # „Carmen“ bei den St. Margerethen Felsenfestspielen in der Regie von Arnaud Bernard. Diese Premiere musste  wegen Unwetter abgebrochen werden. Dabei bot die Verlagerung auf einen militärisch eingefärbten Filmset a la Hollywood bereits genug Anreize. Bei meiner eigenen Arbeit war die Aufnahme der Schatten meiner Kakteen auf einem Vorhang eine weniger aufwendige Aktivität.(#art77blog.Nr. 404). Bei der Vorbereitung dieses Blogs (Nr.405) stiess ich auf eine Fotoserie, die mir die Tendenz zur Vieldeutigkeit noch einmal überzeugend vor Augen führte.

Dazu mehrere Aspekte: Ich hatte ein Bild #Jan Steens (1626-1679) in Blech-Figuren übersetzt. Mit diesen Figuren konnte man neue Anordnungen probieren und sogar Theater spielen. Später entdeckte ich die Fotos, die ich von Figuren und Szenen gemacht hatte. Die Fotos reizten zum Spielen. Ich klebte sie aufrecht auf eine Pappe auf. Die Fotorückseiten wurden z. T. bemalt, ebenso der Boden auf dem sie standen. Was mir an diesem Beispiel klar wurde, ist die Rolle der Medien. Im Transferieren bilden sich immer weitere Basis-Situationen, auf denen sich dann neue Handlungen und Deutungen entwickeln lassen.

# „Carmen“ von George Bizet..Hier „Oper im Steinbruch“ St.Margarethen, 2023. (3sat)

# Axel von Criegern. Dramaturgie eines Bildes. Auseinandersetzung mit Jan Steen (1626-1679):“Abfahrt von einem Wirtshaus“ (Staatsgalerie Stuttgart).Tübingen 2003.  ISBN 3-933916-12-7 Katalog zu Ausstellungen in der Kunsthalle Gießen, 2004 und Kulturhalle Tübingen, 2004.