Jan Steen “Wie die Alten sungen…” (1665) +Rhizom AvC (2023)
Mit dem Begriff und der Vorstellung vom Bild-Rhizom habe ich einen persönlichen “Treffer” gelandet, denke ich. Vorgestellt ist ein Geflecht aus Bildmotiven und und Formen, das sich unhierarschich ausbreitet. Im Falle des Bildes von #Jan Steen kann ich auf eine grosse Menge ikonographischer und ästhetischer Erforschungen dieses Bildes zurückgreifen. Zu jeder dieser Informationen, die ich hier zitiere (aus der Erinnerung oder kopierend) gibt es Rhizome. Sie wachsen ästhetisch , d.h. ohne thematische Anknüpfung, schließen solche aber nicht aus. Auf jeden Fall gehören sie im neuen Bild zusammen. Die Ästhetik des neuen Bildes voranzutreiben, macht die Qualität des Rhizoms aus. Benützt habe ich den Grafitstift für Linien und Verwischen,einen schwarzen Colour Brush von Pentel für dicke schwarze Linien, einen Fineliner von Molotow und Ausschnitte aus der Hochglanz-Broschüre “World of Interiors” (Meistens Werbung) als Collage. Die jüngere trunkene Frau oben links bezieht sich direkt auf ein Motiv in Steens “Wie die Alten sungen…”
Mein aktuelles Projekt ist eine Reihe solcher Rhizom-Bilder (Objekte, die alle den Bezug auf Steens Bild als Anstoß haben.)
#Chapman, H.Perry,Wouter Th.KLloek, Arthur,K. Wheelock,Jr. (Hg.) , Jan Steen. Maler und Erzähler. Belser Verlag 1996
#Criegern, Axel von, “Wie die Alten sungen…” Auseinandersetzungen mit einem Bild von Jan Steen(1626-1679). Tübingen 1999.
#Criegern, Axel von: “Konzepte künstlerischer Auseinandersetzung .Erprobt an einem Bild aus dem 17. Jahrhundert. Kunst+Unterricht, Heft 233,1999. S.40-42
Prof. Wolfgang Urban, einer der raren Universalgelehrten, schaute ins Atelierfenster und improvisierte einen so schönen Text, dass ich ihn bat ihn schriftlich auf einem Notizblatt festzuhalten: „Erfahrung des Ateliers als einer Werkstatt des Spiels, einer Hingabe an das Spiel, an das spielerische „Arbeiten“ und der im Spiel geschenkten Freiheit samt den damit gegebenen Zu-Fällen.“
In einem wohlwollend feiernden Vorwort („HOMO LUDENS ODER DER PROFESSOR ALS SPIELKIND DER KUNST“) zu dem 2009 erschienen Buch # „Meine Bilder“ stellt der vielseitige Bestseller-und sehr erfolgreiche Fernseh-Autor Peter Prange die Frage „Wer oder was ist Axel von Criegern nun also? (…)Ein gelehrtes Spielkind der Kunst, das für sich selber zeichnend und malend die eigene Tradition entdeckt und damit gleichzeitig für andere neue Türen zur Kunstgeschichte öffnet. Ein homo ludens, der.sich selbst und sein Werk im Probieren erfährt und verändert….“(Hervorhebungen und Auslassungen von mir)
Gut, „Spielen“ und „Spiel“ sind wohl Schlüsselwörter, denen ich selbst wahrscheinlich schon mehrfach Vorschub geleistet hatte. Soweit habe ich auch keinen Einwand.
Peter Prange hat noch einen abschließenden Satz geprägt, den ich damals zuwenig gewichtet habe: „Mit einem Wort: ein Mensch, der sein eigenes Leben als Kunstwerk begreift und gestaltet.“. Hier wird die Sache mit dem Spiel komplizierter. Ich verspiele nicht mein Leben, wenn ich täglich mit der Kunst spiele. Die Dominanz des spielerischen Umgangs mit der Kunst war auch erst nach der Entpflichtung von Institutsleitung, Lehre und Forschung an der Justus von Liebig-Universität Gießen denkbar und zugleich problematisch geworden. Damit fiel nämlich der Ernst des Lebens,und damit derGegenpol zum Spiel schlagartig weg. Nach einer Reihe von Lücken-Aufgaben bot mein Internet-blog „art77blog“, der ab 2016 mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks und zunehmend begleitet von Instagram-Einträgen bei WordPress, bzw. bei Facebook erscheint, einen gewissen Ersatz. „gewiss“ weil es für den blog nicht den Hauch des Zwangs oder der Notwendigkeit gibt. Es lag ausschließlich an mir dem blog diese Funktionen zu geben.
Soweit das ideale Tableau für ein „Leben als Kunstwerk“. Der schwierigste Gegner ist das, was wir landläufig Realität nennen. Und diesem Gegenspieler sind Empathie und Spiel fremd. Er kennt nur Starke und Schwache, Gewinner und Verlierer. Unter diesen Bedingungen sein Leben selbst zu bestimmen, geschweige denn als Kunstwerk zu gestalten, ist schwer genug.
Dank an #Peter Prange Dank an #Wolfgang Urban und Dank meiner Frau, die seit 58 Jahren das wichtigste Bollwerk gegen die unangenehmen Seiten der Realität ist.
#Criegern, Axel von:Meine Bilder. Wasmuth Verlag, Berlin, Tübingen, 2009
Ist Künstlerische Leichtigkeit eine Charaktereigenschaft, eine Begabung oder das Ergebnis harter Arbeit ? Welche Rolle spielen die gesellschaftliche, geografische, klimatische Bedingungen, zwischenmenschliche Beziehungen, das individuelle Schicksal? Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich künstlerisch als leicht und verspielt gelte. Wie steht das aber zu meinen „schwergängigen“ Arbeiten, Phasen und Projekten? Z.B. den in monatelanger Arbeit entstehenden Holzskulpturen und den Blechplastiken Es gibt Menschen, die ihre Wertschätzung vor allem darauf richten. Für mich sind das alles zusammen Spielsteine im grossen Spiel der Kunst. Und zwar hier und jetzt. Strenge, -religiös, politisch,zwischenmenschlich, archaisch- kennt keine Leichtigkeit; sie wird zusammen mit den „Geschwistern“ Fröhlichkeit, Lachen und Witz bekämpft. Die Leichtigkeit ist auf ein hohes Mass an Freiheit angewiesen. Das darf nicht mit Willkür verwechselt werden. Es ist ein hochsensibles Spiel mit den Grenzen der Freiheit, bzw. der Freiheiten. Soweit mein ungefragt abgegebenes Statement. In einem langen Künstlerleben werden viele dieser Facetten erlebt. Was aber als persönliche Quintessenz bleibt, ist das, was die Alten „per aspera ad astra“ nannten-ins Produktive gewendet: Schwere und Leichtigkeit wechseln sich notwendig ab, ja bedingen sich gegenseitig. Mein in der vergangenen Woche entstandenes Beitragsbild gehört in eine Phase des Aufatmens, Enspannens.
Ich hatte mich in die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Graphic Novel“ verrannt (art77blog Nr.264 ff.) und besann mich nun auf das mir wesentliche.Das Papier war im Querformat geschnitten und ich begann in der linken Hälfte zu zeichnen. Ich erinnere mich an eine gewisse Mutwilligkeit bei der Aneinanderfügung der einzelnen Zeichen und Zeichenkomplexe. Relativ früh habe ich die auf dem Zeichentisch verstreut liegenden Wachskreiden eingesetzt. Auch hier dominierte die Spiellust und die Freude an der Buntheit. An einem bestimmten Punkt habe ich dann auch noch die Rechte Papierhälfte in Besitz genommen. Der linke Formenkomplex bekam dadurch den Schwanz eines Spielzeugdrachens. Die folgenden Schritte glichen den Zügen auf einem Brettspiel. Mit jedem Zug entstanden neue Perspektiven und mein ganzes Bemühen galt der ausgewogenen und dynamischen Komposition, die immer gefährdet war zu erstarren. Für das Beitragsfoto habe ich rechts unten eine sitzende Blechfigur daraufgesetzt. Sie verweist auf die prinzipielle Offenheit der spielerischen Komposition nach dem Motto: „auch das ist denkbar!“
#Criegern,Axel von : Meine Bilder. Wasmuth 2009. Hier sind weitere Beispiele für diese verspielte „Ader“ zu finden
# art77blog.axel-von-criegern: Wie geht Kunst? edition cantz 2019 Weitere in art77blog veröffentlichte Beispiele.
English Summary
what does „ease“ in the arts mean? Is it the particular character of an artist, a special gift or the result of hard work? Whats the part of social, geographic and climatic conditions? Dictatorship, dogma, rigor don’t like artistic ease the same way as laughter, jokes, graffiti and cartoons. Artistic ease needs freedom. For myself strength and ease belong together, are important for my concept of ‚playing art‘. The attached image closed a longer discussion of the „Graphic Novel“(See art77blog Nr. 264 ff.). I got stuck and remembered my artistic „virtues“: play art and watch what’s coming up.