„Ich kann nicht von mir lassen. Das ist der Mist!“ (art77blog.axel-von-criegern.de. Nr.322)

“Überlegungen zur Dünnhäutigkeit der Zeichnung.“ ©️Voncriegern 2021

Diesen koketten Klageruf eines alten Narzisten entdeckte ich als nachträgliche Notiz auf einer 2018 entstandenen Zeichnung. Wir jungen Künstler ( u.a. F.W.Bernstein und Klaus Heider) wuchsen in der hohen Zeit Picassos und all der französischen Wunderkinder in Göppingen auf. Der Maler Helmut Baumann (geb.1894) infizierte mich damit. Mit der von ihm ausstrahlenden Kraft kam ich zwar problemlos in die Stuttgarter Alademie, krachte dann allerdings auf die akademische Lehre meiner Professoren. (s. #Axel von Criegern:Meine Bilder. Mit einem Vorwort von Peter Prange. Verlag Jürgen Wasmuth, Tübingen 2009). Die daraus resultierende Krise  bestimmte den Rest der Akademie-Zeit. Damals wurde die #Zeichnung  mein Studien-und #Erkenntnismedium. Exemplarisch stehen dafür große Grafit-Zeichnungen mit denen ich mir die mittelalterlichen Skulpturen im Stuttgarter Landesmuseum vertraut machte. Was blieb war das Gefühl vom Akademiestudium nicht erreicht worden zu sein. Nach dem ersten Staatsexamen, für das ich moch 2 Jahre Politikwissenschaft in Stuttgart studiert hatte, schrieb ich mich in Absprache mit meiner späteren Frau an der Uni Tübingen in Kunstgeschichte und Archäologie ein. Auch hier waren Zeichnungen, sei es dass es  um Seminare, Hausarbeiten oder später die Dissertation ging, ein wichtiges Arbeitsmedium. In dieser Phase habe ich alle denkbaren Erfahrungen und Lernprozesse beim Zeichnen gemacht.

Seit über fünf Jahren versuche ich im Rahmen meines art77blogs den täglichen künstlerischen Lern-und Produktionsprozessen auf den Grund zu gehen. Ein Buch, das ich 2019 als Zwischenbericht des Blocks veröffentlicht habe, heißt überdeutlich: #„Wie geht Kunst?“ (art77blog.axel-von-criegern.de :„Wie geht Kunst?“ edition cantz 2019). In der täglichen Arbeit an diesem blog hat die Zeichnung wieder die Bedeutung der frühen Jahre zurück bekommen.

Warum ich das mache? Aus tiefster Überzeugung, dass Werke immer Ergebnisse eines Netzwerkes  von Informationsströmen sind. Dazu kommt, dass ich mich selbst als einzelnes Teilchen dieses Netzwerkes verstehe und es für hilfreich halte, wenn ich mein Ringen um künstlerische Erkenntnis mit größter Offenheit darlege. Hilfreich meint nicht vorbildlich, sondern als Beispiel  anregend. Und letztlich sind die Erkenntnisse, Erfahrungen und dramatischen Abläufe meine Produkte.
Ganz schwierig ist die Behauptung, dass dies ein Gewinn für mich sei. Denn ich biete meine gesamte Arbeit nicht als Kunstwerk an und  werfe damit nicht das Problem der Verwertung und Vermarktung auf.

I discovered this flirtatious cry from an old narcissist as a subsequent note on a drawing made in 2018. We young artists grew up in the high days of Picasso and all the French child prodigies. The Göppingen based painter Helmut Baumann (born 1894) infected me with it. With the power he radiated, I got to the Stuttgart Alademie without any problems, but then grew my opposition to the academic teaching of my professors. (see #Axel von Criegern: My Pictures. With a foreword by Peter Prange. Verlag Jürgen Wasmuth, Tübingen 2009). The resulting crisis determined the rest of the academy’s time. At that time, #drawing became my medium of study and knowledge. Examples of this are large graphite drawings that I used to familiarize myself with the medieval sculptures in the Stuttgart State Museum. What remained was the feeling of not having been achieved by studying at the academy. After the first state examination, for which I had studied political science for 2 years in Stuttgart, I enrolled in art history and archeology at the University of Tübingen in consultation with my future wife. Here, too, drawings were an important working medium, be it for seminars, term papers or later the dissertation. In this phase I made every imaginable experience and learning process in drawing. From 1968 to 1972 I taught art at a gymnasium and from 1972 to 2004 at Universities. 2004 I retired from Giessen University.

For over five years I have been trying to get to the bottom of the daily learning and production processes as part of my art77blogs. A book that I published in 2019 as an interim report of the block is clearly called: # “How does art work?” (Art77blog.axel-von-criegern.de: “How does art work?” Edition cantz 2019). In the daily work on this blog, the drawing has regained the meaning of the early years.

Why am I doing this? Out of the deepest conviction that works are always the result of a network of information flows. In addition, I see myself as a single part of this network and consider it helpful if I present my struggle for artistic knowledge with the greatest openness. Helpful does not mean exemplary, but rather stimulating as an example. And finally, there are the insights, experiences and dramatic processes of my blog, which I don’t trade.

# Axel von Criegern: Meine Bilder. Mit einem Vorwort von Peter Prange. Tübingen, Jürgen Wasmuth Verlag, 2009

#Zeichnung

#…als Erkenntnis-Medium

# „Wie geht Kunst?“ (art77blog.axel-von-criegern.de. Edition cantz 2019)

Kunst-Engel: aktuell (art77blog. axel-von-Criegern.de Nr.321)

 

 

 


Engel nah am 

Thron : Cherubim, Serafin, Michael, Raphael, Uriel , Gabriel…

Ab 1000n.C. mächtige, geflügelte Wesen in kräftigen Farben. In der Spätgotik (van Eyck, Memling, Altdorfer, Grünewald…) leuchtende Farben. Hier:Axel von Criegern : Blech geschitten, Sprühfarben. ©️ voncriegern 2021.

Die Mehrheit sind die Boten-Engel , die die Verbindung zum Menschen bilden.

Formal und farbig wenig differenziert. In der Regel kleiner als die Engel am Hofe (Erzengel. Cherubim, Serafim…) Hier Blech geschnitten , Marker, feine Acrylfarbe ©️voncriegern 2021

Vorsicht Rebell! Der gestürzte (Erz-)Engel Luzifer, der sich hochmütig (superbia!) an Gottes Stelle setzen wollte. In einer großen Schlacht  zusammen mit vielen Aufständigen geschlagen und in die Hölle gestürzt: „Engelsturz“.©️voncriegern 2021

Als Künstler*in verfügt man über die schöpferische Macht die himmlische Hierarchie in unzähligen Varianten zu gestalten oder nach ihrem Sturz im Verborgenen zu entdecken.

 

Pflaster-Engel

Mit den besten Wünschen für eine fröhliche, engelreiche Weihnacht

Euer und Ihr Axel von Criegern

 

 

 

„l‘art pour l‘art“ (art77blog.axel-von-criegern Nr.320)

 K no

#„L‘art pour l‘art“ hört man als Künstlerin oder Künstler nicht so gern. Es klingt abschätzig im Sinne von „sagt nichts aus“ oder „#formale Spielerei“. Dabei war das zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Kampfruf quer durch alle Künste: Man sollte über #romantisches Schluchzen, #heroische Posen und blutleere #Antiken-Kopien ja nicht die den #Künsten eigenen #Materialien, #Mittel und #Techniken vernachlässigen. Rückblickend war das eine Forderung, die auch heute noch Bedeutung hat.So wurden z.B. unter dem Titel „#Pure Form“ im Januar/ Februar 2021 Arbeiten des „ #New Bauhaus“, des #„Black Mountain College“ und der „#minimal art“ in der New Yorker #Galerie Zwirner gezeigt.

Ganz pragmatisch ist das eine in jeder #künstlerischen Arbeit neu zu lösende Aufgabe. Bei meiner aktuellen plastischen Arbeit in #Holz drohte der Gegenstand, die Figuren, von der kontrollierten #Material-Formung abzulenken. Das heißt nicht automatisch plastisch schlechter zu werden, aber zumindest die #Spannung abzuschwächen. In der jüngsten Arbeit habe ich die Spannung durch das Stehenlassen #ungegenständlicher Teile zu halten versucht. 

Im Falle meiner täglichen Zeichnungen habe ich neben den #leichten und #flüssigen Blättern bewusst die tiefer liegenden #Strukturen zu erreichen versucht (s.Foto). Diese Spannung zwischen beiläufig-leicht und kontrolliert-fest sollte, unabhängig vom individuellen Schwerpunkt, immer wieder gesucht und beobachtet werden.

Artists don’t like to hear “L‘art pour l‘art”. It sounds disparaging in the sense of “says nothing” or “formal #gimmick”. At the beginning of the 19th century it was a battle cry across all arts: one shouldn’t neglect the materials, #means and #techniques inherent in the arts when talking about #romantic sobbing, #heroic poses and bloodless copies of #antiquities. In retrospect, that was a requirement that is still important today. For example, works by the “New Bauhaus”, “Black Mountain College” and “minimal art” were 2021 in the gallery Zwirner N.Y.shown.
Quite pragmatically, this is a task to be solved in every artistic work.
In my current sculptural work in wood, the object, the figures, threatened to distract from the controlled material formation. That does not mean automatically becoming plastically worse, but at least weakening the tension. In my most recent work I tried to keep the tension by leaving non-representational parts.
In the case of my daily drawings, in addition to the light and fluid sketches, I consciously tried to reach the deeper structures (see photo). This tension between casual-light and controlled-firm should be sought and observed again and again, regardless of the individual focus.

Glücksgefühle (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.319)

  • Blick ins Atelier: vor dem Transport der Mahagoni-Skulptur

    Nur zur Erinnerung: #„Cocooning“ und „Clanning“ sind  Begriffe, die am Ende des letzten Jahrhunderts für den Rückzug ins Private und für das Gegenteil, das Aufgehen in Gruppen geprägt wurden. Dass sich beides in der Kunst sehr wohl verbinden kann, wurde mir gestern überdeutlich.

    Meine Mahagoni-Arbeit hatte ich für die Jahresausstellung des Künstlerbundes Tübingen in die Kulturhalle gebracht und mit gemischten Gefühlen, was die Verbindung von ungegenständlichen Formen und figurativen Teilen angeht,  aufgestellt. Als ich mit anwesenden Kolleginnen und Kollegen darüber sprach, sahen die das aber durchaus positiv! Ich war unvorstellbar erleichtert. In der nahe gelegenen Galerie des Künstlerbundes führte ich dann noch ein für mich sehr wichtiges Gespräch mit der Kollegin # @Annet Frey . Es führte zu dem gemeinsamen Bekenntnis, dass Kunst-Lehre nur im eigenen Tun, der eigenen Erfahrung möglich ist. Annet bietet außerschulische  Kurse für Kinder aber auch Studierende an der Uni an. Meine Position wurde durch das in Jahrzehnten gewachsene Bewusstsein der Unverträglichkeit von diesem freien künstlerischen Lernen und der Lernwirklichkeit geprägt. Stichwörter sind u.a. Stundentakt, Lehrpläne, örtliche und räumliche Bindung. Nicht zufällig führen diese Überlegungen zu den 1900 entstehenden Reformschulen zurück.

    Zurück im Atelier erlebte ich so etwas wie Kunst-Cocooning. Die guten Gespräche und die Bestätigung hatten mich optimistisch gestimmt. Ich schnitzte an meinem Buchsbaum weiter und als ich mich im wohlig warmen, nur spärlich beleuchteten Raum umsah, nahm ich Dinge wahr, die ich offensichtlich in der „Mahagoni-Zeit“ verdrängt hatte. Das waren formlos ausgestellte Papierarbeiten, kleinere Versuche in Gips und Modelliermasse, Bücher und vor allem die kunterbunten #Bleche-geschnitten  gefaltet, gebogen, gehämmert, bemalt und bezeichnet. Sie gewannen Gegenwart und standen plötzlich alle wieder auf derselben Augenhöhe- zum Wohlfühlen.

    Just a reminder: # “Cocooning” and “Clanning” are terms that were coined at the end of the last century for retreating into the private sphere and for the opposite, merging into groups.  Yesterday it became abundantly clear to me that both can be combined in art.

     I brought my mahogany work to the Kulturhalle for the annual exhibition of the Künstlerbund Tübingen and set it up with mixed feelings about the connection between non-representational forms and figurative parts.  When I talked to the colleagues who were present about it, they saw it as a positive!  I was incredibly relieved.  In the nearby gallery of the Künstlerbund I then had a very important conversation with my colleague Annet Frey.  It led to the common confession that art teaching is only possible in one’s own doing, through one’s own experience.  She offers extracurricular courses for children as well as university students.  My position was shaped by the decades of awareness of the incompatibility of this free artistic learning and the reality of learning.  Keywords are, among other things, hourly frequency, curricula, spatial and spatial ties.  It is no coincidence that these considerations lead back to the reform schools that emerged in 1900.

     Back in the studio I experienced something like art cocooning.  The good conversations and the confirmation made me optimistic.  I continued to carve a piece of boxwood and as I looked around the comfortably warm, poorly lit room, I noticed things that I had obviously repressed in the “mahogany era”.  These were informally exhibited works on paper, smaller experiments in plaster of paris and modeling clay, books and, above all, the motley metal sheets, folded, bent, hammered, painted and labeled.  They gained presence and suddenly they were all on the same eye level again – to feel good.

Skulptur: Vom Abstrakten zum Figürlichen/ Sculpture: From abstract to figurative (art77blog.axel-von-.de Nr.318

  

Ich frage mich warum ich meine  abstrakte Skulptur  gegenständlich weiter bearbeite.. Schließlich habe ich in einem früheren Beitrag (art77blog Nr.22): „Beware of similarities“, also hüte dich vor gegenständlichem und figürlichen Ähnlichkeiten gewarnt. Damals habe ich die ‚reine’ Form gegen das Bedürfnis  etwas wieder erkennen zu wollen , verteidigt. Und das war  ‚Gesetz‘. Die wenigen frühen Ausnahmen waren einem Darstellungswunsch geschuldet wie z.B. meine kleine Familie als Gruppe festzuhalten. ‚Kunst‘ war das  nicht.
Was steckt hinter dieser späten Meinungsänderung? Es ist  letztlich die frühe Liebe zur mittelalterlichen Holzskulptur, die in den Studienjahren von der herrschenden ‚Hoch-Ästhetik‘ des   Bauhauses, Brancusis und Henry Moores abgelöst wurde. Und diese Liebe ist nie erloschen. Was ich bei dieser aktuellen Arbeit beobachtet habe, ist eine Freude an der feiner gegliederten abstrakten  Form, die an einem bestimmten Punkt den ‚Absprung‘ zum erkennbar Figürlichen nahe legte. Jetzt verstehe ich  diese ‚reinen‘ Formen als (gefühlte) solide Basis für die Figuren.

I wonder why I continue to work on my abstract sculpture figuratively. Finally, in an earlier post (art77blog no.22): “Beware of similarities”, so beware of representational and figurative similarities. At that time I defended the ‚pure‘ form against the need to recognize something again. And that was ‚law‘. The few early exceptions were due to a desire to display such as my small family as a group. It wasn’t ‚art‘.
What’s behind this late change of mind? Ultimately, it is the early love for medieval wooden sculpture that was replaced during the academic years by the prevailing ‚high aesthetics‘ of the Bauhaus, Brancusis and Henry Moore. And that love has never died. What I have observed in this current work is a delight in the more finely structured abstract form, which at a certain point suggested a ‚jump‘ to the recognizable figurative. Now I understand these ‚pure‘ forms as a (felt) solid basis for the figures.