Kunst ohne Handwerk? (art77blog. Nr.228 axel-von-criegern.de.)



5 Klangobjekte 2019/ 2020©️axel von criegern

In der Schlussphase der Bearbeitung von fünf kleinen Klang-Objekten aus Holz wurden Feinheiten so wichtig, dass sich die Frage nach der Bedeutung des Handwerks aufdrängte. Eine große Rolle spielte dabei die Begegnung mit der Geigenbau-Meisterin Almut Schubert und dem Bogenbau-Meister Michele Facchino. Anders als bei vielen Handwerkerinnen ist bei ihnen ihr Können und Wissen Lebensinhalt und nicht Mittel zur Gestaltung des Lebens „außerhalb“.
Wie selbstverständlich gingen diese Beobachtungen und Gespräche in meine Arbeit ein. Was ich als Qualitätssteigerung bemerkte, könnte man modern als „Achtsamkeit“ oder gesteigerte Konzentration bezeichnen – zum Guten meiner Klangobjekte. Das hat nichts mit #Kunsthandwerk zu tun und auch die historischen Bewegungen des #arts&craft und #Bauhaus bleiben hier vor der Tür. In einigen der 227 Beiträge von art77blog habe ich diese Themen allerdings bereits angeschnitten.
# Vergl. auch Axel von Criegern „Kunsthandwerk, Kunsttheorie, Ästhetik- ein gespanntes Verhältnis.“ In: Bundesverband Kunsthandwerk e.V. (Hrsg.) Bestandsaufnahme Kunsthandwerk, Frankfurt 1989.

English Summary
In times of „anything goes“ craftmanship is not seriously discussed. But my latest experience with wood carving taught me that this is by no ways generally true. I got a lot learning from masters of violin- and bowmakers in the neighbourhood.

Dimensionen des Materials (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.222)

„Dimensionen des Materials“, Bleistift, Farbstifte, Kugelschreiber; 18x16cm, 2020 ©️Axel von Criegern

‚Dimensionen des Materials‘ ist ein Bildchen und Bildtitel, in denen ich mein neues Interesse an den Klängen des Materials und möglicher weiterer Eigenschaften bei ihrer künstlerischen Verwendung anspreche. Auf das Thema stieß ich bei der Entdeckung des Klangs von #Holzskulpturen. Dass Holz klingt, ist eine banale Erkenntnis. Neu ist aber für mich die Frage nach der Abhängigkeit des Klangs von Holzart,Größe, Dicke, Position, Form und der einzelnen Teile einer Skulptur.
Ich startete einen Versuch gezielt Teile von Skulpturen abzuklopfen und bin nun auf dem Weg Klang-Formen zu schneiden. Bei einem Blick in das Umfeld solcher Experimente stieß ich dann allerdings wirklich in neue Dimensionen vor. So konnte ich die Leistung der #Bauhaus-Künstler die #Synthese der Künste zum Thema zu machen, neu würdigen. (#Klee, #Kandinsky und der Komponist #Schönberg u.a.m.) Auch #Schlemmer, den ich als Studienanfänger verehrte, sollte hier genannt werden. Schließlich mussten sie gegen die von #Lessing 1766 postulierte Trennung von Bildender Kunst und Musik ankämpfen! Mir war auch nicht bewusst, dass Ilya #Kabakovs „roter Wagen“(1989) zu diesen Anfängen der Moderne zurückführt. Verwirrende Begriffe wie # „Klangkunst“ oder # „Klang und Form“ entdecken Suchmaschinen im Internet.

Lit. #Schmierer, # Fontaine u.a. (Hg.) Töne,Farben, Formen- Über Musik und die Bildenden Künste; Laaber 1995.
v.#Maur,Karin (Hg.) Vom Klang der Bilder- Die Musik in der Kunst des 20. Jahrhunderts. München 1985


English Summary
If you do some experimenting with the sound of wood and particularly with carved wood, you will realize soon , that this is not so easy as it seemed to be. First of all the kind of wood matters. But then it becomes really tough: thickness, measures, shape, straight or curved, open or closed…I am doing this kind of experiments right now and try to find out whether it is possible to carve a „singing“ sculpture.

Plädoyer für einen ästhetischen Radikalismus (art77blog,Nr. 191)

„Post-Text“ , Bleistift, ©️Axel von Criegern, 2019

Während ich an dieser Zeichnung arbeitete, lag neben mir eine Notiz zu #Ranga Yogeshvars These einer #„Post-Text“ -Gesellschaft und einem damit verbundenen Verschwinden der Diskurse. Daher der Titel. Da ich Kunst als eine Form von #Kommunikation verstehe, die selbst #„Texte“ produziert, sind solche Thesen schon eine Herausforderung. Zwar sehe ich die Gefährdung der Kunst durch Vermarktung und Pseudo- Theorien , bin aber zutiefst von ihrer „Unschuld“ überzeugt. Ihre Quellen sind noch nicht verunreinigt und nur partiell verschüttet. Sie liegen in jener Urzeit als #Schrift und Bild noch nicht getrennt waren. So hat gute Kunst immer auch etwas von einem gelungenen Text. Den „#fake news“ entsprechend mag es auch „#fake art“ geben, aber ich denke deren Einfluss auf den #ästhetischen „Diskurs“ ist als wesentlich geringer einzuschätzen. Dafür,dass das so bleibt, sorgt eine Art von #„Reinheitsgebot“ der Kunst, das sich auf diese Quellen beruft. In einer Zeit in der #alles gut, alles schön und jeder/jede ein Künstler ist, ist das sehr wichtig. Die künstlerische Sinnfrage und kontinuierliche Neuerfindung, um einen modischen Begriff zu verwenden, fordern neben Kreativität einen gewissen Purismus. Ich denke, dass die empfindlichen Reaktionen der jeweils Herrschenden auf solchen ästhetischen #„Fundamentalismus“ genügend über dessen Wirkkraft aussagen. Bekämpfung und Repression wie im Stalinismus (#„Proletkult“) und Nazi-Deutschland (#Bauhaus) sind dabei ebenso wirksam wie die Entschärfung und Neutralisierung als schickes Dekor.

English Summary
I plead for a radical fundamental esthetic base of art. The right now worldwide celebrated „Bauhaus“ was hated and opressed by the nazis for its democratic power. Today we deprive it of its effect through decorative „abuse“.