„Ein musikalisches Diktat?“(art77blog.axel-von-criegern.de Nr.246)

# Kunst und Musik #musikalisches Diktat #art77blog Nr 245,Nr.239, Nr.228, Nr.227,Nr.226, Nr.225, Nr.224,Nr.223 #Rhythmus und Melodie #eigene künstlerische Arbeit #Komposition #Klang der Bilder #Intonation #Artikulation #ästhetische Klassen

Eine „Unvollendete“ , Wachskreiden auf Zeichenpapier, 39x27cm, ©️ 2020

Situation: Schönes Morgenlicht im Atelier. Ich höre Franz Schuberts „unvollendete“ Sinfonie (h-Moll). Wachsmalstifte liegen in Reichweite und laden dazu ein, sie wieder mal zu benutzen. „Es macht mich an“ Schubert zu folgen , auf ihn zu reagieren und künstlerisch etwas „ herauszuholen“. Es ist der klassische Vorgang der Mischung zweier ästhetischer Klassen: der musikalischen und der bildnerischen. Auf den musikalischen Rhythmus reagiere ich lustvoll und dynamisch mit heftigen Strichen. Sie setzen Zeichen und gestalten Zwischenräume („Pausen“). Zeichen werden in das Papier eingegraben. Dazwischen und darunter gelegt weiche Farbwolken. Sie sind im Gegensatz zu den Rhythmen „melodiös“. Die Farb-„Intonation“ ist bewusst heiter, lediglich in der linken unteren Ecke ballt sich ein „Grollen“.
Der „Interpret“ bringt natürlich seine eigenen „Artikulationen ein. Formen und Entscheidungen , die sich in vielen Jahrzehnten in unzähligen Arbeiten geformt haben. So ist das, was manchem ungeübten Auge als Kindergekritzel erscheinen mag, in letzter Konsequenz eine Komposition. Man kann also nicht von einem ‚Diktat‘ sprechen, sondern von zwei „Sin-fonien“.
p.s. Das Verhältnis von Musik und Bild war und ist ein altes Thema, das beide Seiten beschäftigt hat. (Zur jüngsten Geschichte: Karin von Maur, Der Klang der Bilder, 1995). Persönlich interessiert mich zu beobachten wie weit meine Beschäftigung mit diesem Thema meine künstlerische Arbeit beeinflusst:
# art77blog Nr 245 :“Da ist Musik drin“, Nr 239: „Unaufhörliche Transformation“, Nr 228: „ Kunst ohne Handwerk?“ Nr 227:“Es ist der Klang…“ Nr 226:“Klang-Kopf“. Nr 225:“Klangteppich über Bildobjekten“. Nr 224:“Der Klang der Holzskulpturen“. Nr 223:“Da ist Musik drin!“

English Summary

Here is what I watched as I drew with wax crayons on white paper and listened to Franz Schubert‘s „unfinished symphony“. In the bright morning light I chose a brilliant red, blue, yellow, green and pink. I used them to draw a kind of handwriting. The strong rhythm of the music can be seen in the drawing. But there was no correspondence between the ‚letters‘ and the melody. So I put clouds-like patches between and under the ‚letters‘. To dramatic phases of the music I responded with a bundle of nervous lines in the lower left corner. In my opinion, the result shows that neither the music nor the drawing predominate, but a mixture of visual and acoustic elements.

Meine „englische“ Krise (art77blog.axel- von-criegern.Nr.211)

„Krisen-Engel“. Aluminium, Acryl. H. 28cm, ©️Axel von Criegern 2019
#“Englische“ Krise hat nichts mit Brexit zu tun, sondern ist hier ein Adjektiv von „Engel“. Krise ist es trotzdem. Als Künstler nervt mich das übliche Engel-Schema. Aber es ist gar nicht so einfach auszubrechen (siehe #art77blog.axel-von-criegern.Nr.210 Der Engel vom Grandhotel). Ohne Flügel und eine Art von menschlicher Figur geht nichts. Dabei zeigten die ersten christlichen Engel-Darstellungen stehende, ernste, flügellose junge Männer. Wichtige Engel wie die Seraphine oder Cherubine hießen Gabriel, Michael, Uriel. (Siehe den Artikel Engel im #LCI, Lexikon der Christlichen Kunst, Rom,Freiburg,Basel,Wien 1974 und #Giorgio Agamben „Die Beamten des Himmels. Über Engel. Frankfurt,Leipzig 2007).
Für unsere Vorstellungen von Engeln sind die in der Renaissance aufkommenden #„Kinderengel“ zuständig. Diese wiederum gehen auf die schon in der griechischen Antike geläufigen #Cupidi, #Amoretten, #Putti zurück.
Im Grunde sind es die modernen weihnachtlichen Stimmungsmacher, die allgegenwärtigen Konsum-Anheizer, die mich als entscheidend durch die 60er und 70er Jahre geprägten Menschen aufregen. Eine Zeitlang habe ich mit meinen Blechengeln eifrig dieses Schema variiert und parodiert. Irgendwann erschöpfte sich diese Lust. Man kann sich inhaltlich, konsumkritisch,religiös mit diesem „Missbrauch“ beschäftigen. Bei meinen jüngsten Engel störte ich mein eigenes, für die Blechengel entwickeltes Schema. Ich begann wieder mit einem Rechteck aus Aluminium- Blech, formte die untere Hälfte konisch wie einen Rock, schnitt diese Form allerdings an mehreren Stellen auf und schnitt insgesamt achtloser drauflos. Entscheidend wollte ich mit der Farbe stören. Ich versuchte den Zwang des Schemas durch einen „wilden“, undisziplinierten Einsatz der Farbe aufzuheben – und bin gescheitert! Vielleicht aber auch nicht: schließlich gab es auch „böse“Engel und Dämonen.

English Summary
I realize that it is hard to criticize the friendly image of the Christmas angels as simple consume promotion. You can imagine protest actions in shopping malls or something like this. As you know my way is different. I want to express my critique through a change of the angel image itself. So I cut the basic shape of an angel out of a sheet of aluminium. Since I have done that very often I could probably do that blindfold. This time I cut less careful as I am used to and I apply acrylic colors in a „wild“ way. But I am not sure whether this is a critical artwork or simply an ugly, „disgusting“ angel.

„Postdigitales Projektbuch“(art77blog Nr 203)

„Der postdigitale Siegeszug der Ästhetik“ .Schwarzer Kugelschreiber, 21x20cm, ©️Axel von Criegern 2019

“Es macht mir Freude, in diesem postdigitalen Projektbuch zu blättern und zu lesen.“ schrieb ein junger Kollege zu #art77blog.axel-von-criegern.de „Wie geht Kunst?“ (edition cantz,2019) – ein toller Begriff! Was kann man sich mehr wünschen? Dabei hatte ich beim Abenteuer Medienwechsel erhebliche Zweifel. Wer weiß schon, ob die mit dieser Medien-Operation verbundenen Anstrengungen lohnen?
In gewisser Weise spielt sich ähnliches bei meinen Vorbereitungen der Ausstellung zum selben Thema #(Wie geht Kunst? Kulturhalle und Künstlerbund Tübingen ab 18.10., Vernissage 17.10. 19Uhr) ab. Die erste Phase war von Zweifeln, was das Konzept angeht, geprägt. Das hat sich fast täglich verbessert. Der Akzent verlagert sich von der Idee ‚Reflexion mit Text und Bild‘ zu den Arbeiten und ihrer Präsentation. Noch sehe ich etwas irritiert, wie meine anfängliche Idee nicht realisierbar wird, sondern durch ein „best of“ verdrängt wird. Hoffentlich springt das für die Ausstellung geplante Studienkabinett mit meinen Schriften der letzten 50 Jahre in diese Bresche. Das Ganze- übrigens auch das Beitragsbild, das zu diesem Thema entstand-sehe ich im Zusammenhang mit den Entwicklungen, die wir in den späten 60er und frühen 70er Jahren durchgemacht haben.

English Summary
A much younger collegue branded my right now published book „Wie geht Kunst? (How is art?) , edition cantz 2019 as postdigital ‚Projektbuch‘. I must confess that this positive acceptance liberated me from a whole bunch of self doubts. By the way: I watched the postdigital turn right now preparing the one man show „Wie geht Kunst?“( Kulturhalle und Künstlerbund Tübingen. Opening 17. Oct. 19:00h). I realized that it was impossible to transfer ‚reflections of an artist‘ to an art show. The esthetic value of my work became more and more predominant. My plan is to install a kind of studio with my books, essays and papers of the last 50 years . Maybe that makes some visitors wonder…

Dank an Professor Dr.# Ansgar.Schnurr von der JLU Giessen

„Auf Augenhöhe“ (art77blog.axel-von-Criegern.de Nr 200)

Entwürfe für die Ausstellung #„Wie geht Kunst?“ in der Kulturhalle und im Künstlerbund Tübingen (ab 18.10.).

Gestern kam Maks Dannecker vorbei um als „ambulante #Kuratorin“ meine aktuellen Planungen der Ausstellung „Wie geht Kunst?“ zu diskutieren. Abschließend hob sie hervor, dass alle Exponate „#auf Augenhöhe“ wären. Eine hier ungewöhnliche Formulierung. Es war deutlich, dass sie nicht die Hängung auf Augenhöhe meinte, sondern das Vermeiden jeder Hierarchie oder Hervorhebung einer einzelnen Arbeit. Tatsächlich präsentiere ich die Arbeiten in gleichwertigen Räumen in Form gleichwertiger #‚cluster‘. Eigentlich sind es 6 Ausstellungen (Cluster) in 2 Räumen. Die in der #Künstlerbund-Galerie gezeigten Arbeiten zu #art77blog.axel-von-criegern.de sind und waren der Anstoß für das Thema der gesamten Ausstellung. Das Medium und der wöchentliche Rhythmus des blogs lassen keine Ungleichheit zu. Bei der #Kulturhalle Tübingen ging es darum mehr als 60 Jahre Kunst-Leben zu vermitteln ohne Arbeiten #chronologisch aneinander zu reihen oder nachträglich eine so nicht erlebte Dynamik und Bewertung zu konstruieren. In den 6 Clustern dominierten Fragen der Präsentation. Sie unterstützt die die Objekte verbindende, jeweilige Thematik : Theorie in unterschiedlichen Ausformungen/ Formkonstanz und Themenbreite bei Holz/ Metall: Von der Fläche zur dritten Dimension in verschiedenen Projekten/ Das Thema ‚Bild‘ in seiner vielfältigen Ausprägung: #Petersburger Hängung/ #Jan Steen (1626-1679) und die breite #ikonologische und künstlerische Auseinandersetzung. Zurück zur „Augenhöhe“. Sie ist auf keinen Fall mit formaler Angleichung ohne thematische Differenzierung zu verwechseln . Sie funktioniert nur als nachvollziehbare inhaltliche Entsprechung. In diesem Sinne habe ich die Feststellung der „Augenhöhe“ positiv verstanden.

Das Thema ‚Augenhöhe‘ als Prinzip des blogs lässt sich im Buchformat besonders deutlich erkennen:
art77blog.axel-von-criegern: Wie geht Kunst?, edition cantz, 2019.

English Summary
A friend characterized my exhibition preparations as „at eye level“. She didn’t mean hanging pictures on eye level but used it as a metaphor. She noticed that I tried to provide ‚equal rights‘ for everything in the show. Maybe that the concept to organize the exhibition in „clusters“ supports this effect of „at eye level“
.

„Wie geht Kunst?“ (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.199)

Erscheint Ende August in der edition cantz : #art77blog.axel-von-criegern.de: „Wie geht Kunst?“

Als ich für die Programmplanung der Kulturhalle Tübingen einer im Oktober/November dieses Jahres stattfindenden Ausstellung einen Namen geben sollte, schlug ich keck „lebenslänglich“ vor. Dabei hatte ich keine große Retrospektive im Kopf, was bei einer Geburtstags-Ausstellung nahe gelegen hätte, sondern meine Bindung an die Kunst seit der Schulzeit. Im Zusammenhang mit meiner Arbeit am art77blog und einer Buchveröffentlichung (s. Foto) änderte ich den Namen in „Wie geht Kunst?“ Dieser neue Titel geht entschieden einen Schritt weiter. Natürlich können Antworten auf diese Frage nur exemplarisch und aus der Sicht einzelner Kunst-Menschen gegeben werden. Aber da gibt es immer einen heißen Kern: Wir bestehen auf unserer Selbstbestimmung und sind doch überzeugt, dass es Minimal-Regeln für Kunst gibt. Diese Spannung ist wesentlich für die moderne Kunst. Sie ist der ‚Spielraum‘ nicht nur für die Kunst- Produzent*en, sondern auch für Betrachter*, Galerist*en, Kunsthändler*, Kurator*en und Kritiker*. Aus dieser Spannung heraus entstehen weltweit täglich Kunstwerke. Da kann man schon einmal fragen „Wie geht Kunst?“

English Summary
Asked to name a coming up one man show I chose the title „ lifelong“. I thought playing with ‚life punishment‘ matches the chaines of artists bound to their passion. Looking back to my reflections in „art77blog“ I decided to call it „How does art work?“. Of course it is a mockery, because we know that there is no answer to this stupid question. But I am influenced by my work with „art77blog“ and its weekly afforded reflections. And I realize how much we are bound to the never ending challenge of bringing together our ‚selves‘, the call for selfdestination
and the unstable esthetic laws.
Even the artists have to answer to this question- by their work.