Eine schöne Überraschung bei einem Abendspaziergang! Auf dem dunklen Platz am Haagtor in Tübingen leuchtet eine Bude magisch. Ich nähere mich entspannt und gespannt von hinten einer Gruppe von Menschen, die davor sitzen und stehen. In einem geöffneten Imbisswagen „geht die Post ab“. In einem silbern blitzenden Küchen-Labor brüllen, kreischen, hauen und balgen sich zwei wild kostümierte Spielerinnen nach Art des Kasperltheaters. Zuschauer mischten sich ein und wurden in das Spiel mit einbezogen. Die Akteurinnen tauchten hinter der Theke ab und in neuen Kostümen wieder auf, entwickelten ein Feuerwerk an Flüstern, Raunen, Gebrüll, Gesang , Mimik, Akrobatik. Wie beim guten Straßentheater schien der Inhalt dahinter zurückzustehen. Aber das war wohl zu schnell geurteilt. Die dramatischen, burlesken Szenen entwickelten sich um das ewige Thema des Geschlechterkampfes, beginnend mit Zeus und Hera bis zum Testeron-Getöse eines Donald Trump. Ich meinte in den rasch wechselnden Passagen Elemente des Kasperltheaters, der Commedia dell‘ arte, Jahrmarkts-Bühnen, von Molieres Schelmenstücken, bis zum Straßentheater Dario Fo‘s zu erkennen. Man genießt die Überschreitung aller Konventionen, die Entfesselung des Klamauks, das ‚Ordinäre‘. Leider war das die letzte Aufführung!!! Lächelnd und beschwingt ging ich nach Hause und verzichtete sogar auf die Theatersuppe. Wo ich doch ein echter Suppen-Kaspar bin!
“Pandoras Kitchen oder was ist wirklich in der Büchse?“ Das Thema ist wohl von einer Gruppe um Anja Müller, die auch für Ausstattung, Kostüme und Bühnenbild verantwortlich zeichnet, entwickelt worden. Gespielt haben Elke Falk (Stuttgart) und Helen Schumann(Berlin) Www.figurenkombinat.net
Mir war bisher beim Thema „Figurentheater“ in Tübingen nur der seit Jahrzehnten erfolgreiche Frank Söhnle bekannt. Jetzt bilde sich um Anja Müller offensichtlich ein neuer, junger Cluster. A la bonne heure!