Rahmen als Zivilisations-Produkt? (Nr.79)

  • Für den Betrachter haben Rahmen eine auswählende , eine begrenzende und besonders was Kunstwerke angeht, definierende Bedeutung. Für  Künstler/innen kann der Rahmen den Schlussstrich am Ende einer Bildarbeit, die zusätzliche Betonung einer Bedeutung oder gerade deswegen der Grund für die Ablehnung von Rahmen sein. Historisch sind Rahmen mit dem Entstehen des ‚ Kunst-bewusstseins‘ verbunden. Inzwischen ist unsere Wahrnehmung ohne Rahmen gar nicht mehr vorstellbar: Filme, Fernsehgeräte, Displays und Monitore, Spiegel, Panoramafenster rahmen unsere Welt. In der Vorgeschichte des Menschen gab es keine gerahmten Bilder. In der Geschichte der Kunst gab es immer wieder künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Thema Rahmen bis zur völligen Ablehnung zugunsten von ungerahmten Bildobjekten. Wenn das Prinzip Rahmen eng mit Bildgesetzen, Kompositionen, Binnenorganisationen verbunden war, können wir heute von einer erheblichen Lockerung solcher Verbind-lichkeiten ausgehen. Künstler/innen, die sich auf konventionelle Anforderungen an die Kunst wie das Porträt oder religiöse Themen einlassen, kennen allerdings auch die diesbezüglichen Konflikte (Porträt als ‚ shaped canvas‘ ? Kenne ich nicht, heißt aber nicht, dass es ein solches nicht gibt). Bei mir ist es so, dass ich einem All over-/ Höhlenmalerei- Impuls folgen möchte , dann aber dafür keine Form finde (oder Mut und Atem nicht ausreichen) und so zwingend in Scharmützeln mit all den Rahmen in meinem Kopf ende.
„Goldrahmen“, Feder, Aquarell ©avc