Aus der Dekonstruktion wächst immer wieder neues( art77blog.axel-von-criegern.de Nr.206)

Zu diesem Bild muss ich die Entstehungsgeschichte erzählen.Es hat seinen Ursprung in der Aufnahme eines interessanten Schattens. Da die Aufnahme nicht so ausdrucksstark war, wie ich erwartet hatte, „dramatisierte“ ich einen Druck mit schwarzen Strichen. ( s. Art77blog, Nr. 20 4). Dadurch verschob sich der Charakter deutlich in Richtung Artefakt. Wie häufig empfand ich dieses Ergebnis als Sackgasse, zerschnitt es in Teile. Dabei versuchte ich die Teile so zu ordnen, dass zwei größere unruhige Formen die Mitte des neuen Bildes waren. In diese Komposition wirkten verschiedene Impulse , u.a. ein Fernsehkrimi hinein.
Schon seit den 90er Jahren habe ich mich sporadisch mit #Jacques Derrida und seiner Theorie der Dekonstruktion auseinandergesetzt. Gerade jetzt stiess ich im Internet auf einen Aufsatz zu #„Derrida und die Dekonstruktion“ aus dem philosophie Magazin Nr.3/2018 (https://philomag.de/derrida-und-die-dekonstruktion/ ), der mich faszinierte. Darin wurde eine positive Komponente hervorgehoben. Die Auflösung der eindeutigen Verbindung von Zeichen und Bezeichnetem schafft grundsätzlich Möglichkeiten für neue Kombinationen. Ich fand die Übertragung dieser These auf Bildprozesse sehr spannend!
Lit. Jacques Derrida, Grammatologie. (De la grammatologie, 1967) Frankfurt am Main 1974, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1996(6.Aufl.)
Axel von Criegern: „Konzepte künstlerischer Auseinandersetzung. Erprobt an einem Bild aus dem 17. Jahrhundert“, in :Kunst +Unterricht, Heft 233, Juni 1999. S. 40-43. Dort nenne ich die 3 Schritte „Rekonstruktion, Dekonstruktion, Konstruktion“.
English Summary
I tried to fix a shadow of flowers at a wall with my iPhone- Camera. The result was not what I had expected. So I used a print to work over this photography to an abstract image. (S. art77blog, Nr. 204) After a couple of days I realized that I didn‘t like this picture and cut it in peaces. The dark cut out on a white paper was the beginning of a new composition. In a certain moment dramatic elements of a criminal movie slipped in the picture. This step by step developing from a shadow to a criminal story became for me an example of what Jacques Derrida had in mind when he said that from the deconstruction may rise the chance of a new meaning or start.
Art77blog | reflections of an artist
Art77blog | reflections of an artist
— Weiterlesen art77blog.axel-von-criegern.de/
Mein Freund Jan Steen (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.206)


Unteres Bild: Jan Steen (1626-1679): Abfahrt von einem Wirtshaus, Staatsgalerie Stuttgart
Jan Steen (1626-79) war genau zwanzig Jahre jünger als Rembrandt. Er gilt für künstlerisch weniger brillant, ist aber einer der beliebtesten Maler der Zeit. Er hatte einen hinreißenden Humor. Schon häufig wurde seine Nähe zum #Theater herausgestellt. Als ich begann mich mit Steen selbst künstlerisch auseinanderzusetzen, konnte ich diese #dramatische Ader in vielen Einzelheiten nachvollziehen. Nur bei einem Bild bin ich soweit gegangen, das Bild-Theater in #Sprache zu transferieren. Die „Abfahrt von einem Wirtshaus“ hängt in der Staatsgalerie Stuttgart. Meine kunstgeschichtlich-ikonologische Untersuchung dieses Bildes wurde 1971 in der Zeitschrift „Oud Holland“ abgedruckt. (Ich verweise auf das im September erschienene Buch „Wie geht Kunst?“ und das umfangreiche Veröffentlichungs- Verzeichnis). Bei allem Witz war Steen Moralist. Nur so lässt sich seine Auslegung der Wirklichkeit verstehen. So meine ich hinter der vergnügten Abfahrt das spätmittelalterliche Thema des „Narrenschiffs“ entdeckt zu haben. Ich führe vier „Rederijker“ (Rhetoriker) , wie die damals zwar schon veralteten , aber wohl immer noch beliebten dichtenden Handwerker hießen, ein. Sie sind es die das Bild als „Narrenschiff“ interpretieren. Sowohl die Erzähler als auch die Personen der Handlung wurden aus großen Aluminium-Blechen geschnitten und bemalt. Eine ganz besondere Theater-Kompanie. Sowohl die Figuren als auch der Text sind in dem 2003 in Tübingen erschienenen Katalog- Buch abgedruckt: „Dramaturgie eines Bildes. Auseinandersetzung mit Jan Steen (1626-79): „Abfahrt von einem Wirtshaus“ .(Staatsgalerie Stuttgart)(ISBN 3-933916-12-7).
English summary
As a very important
part in my art research, art teaching and art experience became the dutch painter Jan Steen after more than 50 years a real friend. Today I am sure,that his dramatic talent was his outstanding quality. Only once I transformed one of his paintings in a stage play in a burlesque Shakespear-Style. The characters were all cut out from large aluminum-sheets, bent and painted. A funny Theatre Company.( See above „Dramaturgie eines Bildes“2003…)
„Ich kann nur sagen:Es ist eine köstliche Lektüre!“

Ein junger,alter Freund und Kunsthistoriker schreibt zu meinem jüngste Buch:
„Am Wochenende, bei schönstem Wetter auf dem Balkon habe ich #es dann fast ganz gelesen […] Ich kann nur sagen: Es ist eine köstliche Lektüre! Heute war ich gleich auf Deinem Blog, einem mir eigentlich fremden Medium, das für Deine Crossover -Intentionen aber wie gemacht ist. Wo sonst kann man sich in Schrift, Bild, Bewegtbild und Ton so unkompliziert, prägnant und humorvoll (vgl.Nr.33 und 34) ausdrücken und mitteilen?? Ich bin schon ziemlich begeistert und werde es auch weitersagen.“
Nun muss ich dazu sagen, dass ich ein bisschen Bammel vor seinem Urteil hatte, schätze und fürchte ich doch seine unerbittliche Kritik . Aber jetzt ist es amtlich : art77blog.axel-von-criegern: Wie geht Kunst? (edition cantz, 2019) ist ein „Brecher“! Eigentlich schulden mir jetzt alle Blogger und social media-Nutzer Dank! Gelang es doch einen harten Knochen der bekannt MM- feindlichen deutschen Intelligenzija einen Fußbreit auf diese Seite zu ziehen.
English Summary
When I sent my new book art77blog.axel-von-criegern „Wie geht Kunst?“ (How is art?) to a younger friend and art historian, I was afraid, whether he as a classic member of the german intelligenzija would appreciate it. But he did it in an overwhelming way!! Incredible! By the way,he risqued a look at art77blog.axel-von-criegern.de in a medium he is not a close friend of. Isn‘t this a real success!?
Art77blog | reflections of an artist
Art77blog | reflections of an artist
— Weiterlesen art77blog.axel-von-criegern.de/
Zur digitalen Erweiterung unserer Wahrnehmung(art77blog.axel-von-criegern.de Nr. 204)

Ich bilde mir ein eine spannende Beobachtung künstlerischer Wahrnehmungsveränderung gemacht zu haben. Lange Zeit hatte ich ein „Gänsehaut-Gefühl“ beim spielerischen Benutzen grafischer Computer-Programme. Hier öffnete sich eine kreative Dimension, die zu gleichen Teilen beängstigend unbekannt und verheißungsvoll war. (Vergl. hierzu art77blog.axel- von-criegern: „Wie geht Kunst? edition cantz 2019)
Vorgestern entdeckte ich den eleganten und filigranen Schattenriss eines Blumenstraußes auf der rau verputzten Wand eines Wohnraums. Der Versuch diese #Natur-Grafik fotografisch festzuhalten, misslang. Es entstand nur ein schwaches Abbild. Auf dem #Bildschirm überarbeitete ich die Schatten-Zeichnung mit feinen Linien und dezenten Farb -Höhungen. Mit diesen vertrauten Eingriffen eignete ich mir das Schattenbild an und verwandelte es zu einer „meiner“ Grafiken. Das besondere Erlebnis bestand darin, dass sich dieses zugleich unheimliche und wohlige Gefühl der unbegrenzten Dimensionen mit der grafischen Inbesitznahme verband. Es war so als ob ich bei der Erforschung der sich #exponentiell erweiternden Wahrnehmung ein Stück weit hätte mitwirken dürfen.
English Summary
The internet esthetic became over the years familiar to me. Nevertheless using it for
my own art is still adventurous. The day before I watched something special. It started with the discovery of a wonderful „natural design“ at the wall of our livingroom: shadow of a bunch of roses. I tried to preserve this „ natural design“ in a foto but it didn‘t work. So I made it up with some digital lines and hues. In a new way I felt as member of a research group in extended visual perception.
Beitrag bearbeiten ‹ Art77blog — WordPress
Beitrag bearbeiten ‹ Art77blog — WordPress
— Weiterlesen art77blog.axel-von-criegern.de/wp-admin/post.php
„Postdigitales Projektbuch“(art77blog Nr 203)

“Es macht mir Freude, in diesem postdigitalen Projektbuch zu blättern und zu lesen.“ schrieb ein junger Kollege zu #art77blog.axel-von-criegern.de „Wie geht Kunst?“ (edition cantz,2019) – ein toller Begriff! Was kann man sich mehr wünschen? Dabei hatte ich beim Abenteuer Medienwechsel erhebliche Zweifel. Wer weiß schon, ob die mit dieser Medien-Operation verbundenen Anstrengungen lohnen?
In gewisser Weise spielt sich ähnliches bei meinen Vorbereitungen der Ausstellung zum selben Thema #(Wie geht Kunst? Kulturhalle und Künstlerbund Tübingen ab 18.10., Vernissage 17.10. 19Uhr) ab. Die erste Phase war von Zweifeln, was das Konzept angeht, geprägt. Das hat sich fast täglich verbessert. Der Akzent verlagert sich von der Idee ‚Reflexion mit Text und Bild‘ zu den Arbeiten und ihrer Präsentation. Noch sehe ich etwas irritiert, wie meine anfängliche Idee nicht realisierbar wird, sondern durch ein „best of“ verdrängt wird. Hoffentlich springt das für die Ausstellung geplante Studienkabinett mit meinen Schriften der letzten 50 Jahre in diese Bresche. Das Ganze- übrigens auch das Beitragsbild, das zu diesem Thema entstand-sehe ich im Zusammenhang mit den Entwicklungen, die wir in den späten 60er und frühen 70er Jahren durchgemacht haben.
English Summary
A much younger collegue branded my right now published book „Wie geht Kunst? (How is art?) , edition cantz 2019 as postdigital ‚Projektbuch‘. I must confess that this positive acceptance liberated me from a whole bunch of self doubts. By the way: I watched the postdigital turn right now preparing the one man show „Wie geht Kunst?“( Kulturhalle und Künstlerbund Tübingen. Opening 17. Oct. 19:00h). I realized that it was impossible to transfer ‚reflections of an artist‘ to an art show. The esthetic value of my work became more and more predominant. My plan is to install a kind of studio with my books, essays and papers of the last 50 years . Maybe that makes some visitors wonder…
Dank an Professor Dr.# Ansgar.Schnurr von der JLU Giessen
„Der sprechende Käfer“ (art77blog, Nr. 202)

Eine Notiz meines Freundes Ernst Gumrich nach einem entspannten Gespräch gestern Abend (5.Sept.2019)
“Wenn der Käfer anfängt, über sich und die Welt zu reden, ist das rebellisch und gehört unterbunden.
Was ist Deine Sonderrolle und was reflektieren der Blog & das daraus entstandene Buch …wie ich es wahrnehme.
A. Der Künstler
Du nimmst das in Deinen Arbeiten auf, was Du spürst. Wie der
Künstler eben, der nicht auf Kunstreiter des edlen Rosses Kunstmarkt umsattelte. „Spüren“, das sind Reize von außen, die gebildeten, meist unbewussten Muster und Strukturen aller unmittelbaren Wahrnehmungen der inneren und äußeren Welt vorher im Leben, der Brechungen durch entstandene Wahrnehmungslinsen, die Gravitation von Wahrnehmungen in Kategorien. Daraus entsteht spontan etwas, theorielos, ungesteuert: Eine Richtung, ein Impuls, Farbe, ein Rhythmus, die Ausdruck suchen und denen Du das gibst. Einzige Kriterien: Es langweilt Dich nicht und es bedient keine Absicht, keinen Zweck außerhalb des geschaffenen Werks.
B Die bewusste Selbstreflektion (im Rückblick)
Der Blog referiert diesen „seltsamen inneren Prozess“ des Künstlers, der aus dem
Moment zu entstammen scheint, aber vielleicht nur die determinierten Muster lebenslanger Eindrücke sind, die durch aktuelle Reize gerade im Moment an die Oberfläche tauchen. Spontan, aber schon weitgehend fertig! Erst in der Rückschau auf frühere Arbeiten erschließen sich oft mögliche Gründe für die „spontane“ Richtung , die die Hand des Künstlers zu führen schienen und sich damals doch wie pure Intuitionen aus den Elementen des kleinen Moments anfühlten (Was ließ mich statt einer Landschaft in Kroatien eine Struktur der Landschaft abbildend suchen?). Diesen retrograden, „selbstanalytischen Arbeitsschritt“ können wahrscheinlich nur wenige machen. Seitdem wir miteinander reden, läuft dieser Prozess bei Dir immer bei Deinem Arbeiten mit.
C Dritte Ebene: Der Kunstprofessor und Didakt will beides dann noch mit dem in Einklang bringen, was die Wissenschaft sich an Denkstrukturen zur Herleitung künstlerischer Leistung erarbeitet hat. Er scheint umgekehrt auch ergründen zu wollen, ob diese doppelte Selbstreflektion der eigenen Arbeit auch Fragen in der Theorie der Kunst neu stellen lässt. Er fragt sich natürlich bereits im Teil B, wo ihm die im eigenen Kopf hausenden Kunsttheorien und das ganze Strukturwissen ins künstlerische Handwerk gepfuscht haben. Wo sie ihn unterstützt und wo in der Freiheit behindert haben.
Dieses Spiel der drei Ebenen macht den Blog und das Buch so spannend. Die ersten beiden Ebenen machen beide für „die Wissenschaft“ wahrscheinlich sehr unverdaulich, weil sie Zweifel an deren Besser-Wissen nähren könnten. Da versucht jemand im Selbstversuch, das Unerklärliche unserer inneren Muster zu erklären. Die Wissenschaft kann das nicht. Das kränkt sie. „Dem Selbstversuch fehlt die statistische Evidenz“, das wirft sie triumphierend ein. Solange die Wissenschaft die Künstler wie Käfer beobachten und beschreiben kann, behält sie immer recht, weil sie stumme Objekte bleiben. Wenn der Käfer anfängt, über sich und die Welt zu reden, ist das rebellisch und gehört unterbunden. Und das Buch muss in den Giftschrank.“
English Summary
After talking quite a while about art77blog and a corresponding book published right now by „edition cantz“: „Wie gehtKunst?“(How is art?) I asked a friend to take a note on this talk. The result is a wonderful analysis of my efforts to find an answer to the question „How is art? The major issue is the dissence of reflections of an artist and that of an an art historian or art theoretician about an artwork.
