Wir kennen alle die künstlerische „Handschrift“. Wir meinen ohne besondere Hinweise einen Picasso, Giacometti oder Frida Kahlo zu erkennen. Es lohnt diesem schnellen Urteil Begründungen zur Seite zu stellen. Hier mache ich den Versuch anhand der Mahagony-Skulptur, die ich gerade erarbeitete, einen „Idiolekt“ zu benennen und aufzuzeigen. Beim plastischen Arbeiten versuche ich Bewegung in das Material zu bringen. Die tragenden Elemente sind dabei Rundungen und Aushöhlungen, Berge und Täler. Ein drittes Element ist der überbrückende Steg, eine Art von Rippe oder Handgriff. Er verbindet die Formen, steht aber auch für Richtung und Dynamik. Mit einem begabten Musiker-Enkel, der aber auch die Musikwissenschaft im Auge behält, habe ich an einem Beispiel von J.S.Bach darüber gesprochen. Für die guten Musiker und Komponisten gilt, dass sie die ihnen angeborene Prägung, zur Deutlichkeit entwickeln und gleichzeitig unendlich variieren. Von dem jungen Pianisten lernte ich, dass #Leonhard Bernstein(1918-1990) in Bezug auf seine Kompositionen von seinem „#Idiolekt“ sprach. Diesen Begriff, den ich bisher nur im Rahmen der Linguistik kannte, übernehme ich gern für die sichtbare Kunst.
English Summary
We are usually convinced that we know „a Picasso“ or Giacometti just from a first look. But what is the part of the Artists? While carving a sculpture from pretty hard Mahagony, I tried to figure out, what my sculptural „idiolect“ might be. Just look; maybe you name it.
Natürlich zitiere ich mit dem Titel des blogposts das berühmte „I have a dream!“ von Martin Luther King. Gegenüber seiner Vision einer neuen, gerechten, rassismusfreien Gesellschaft kommt mein Traum ziemlich banal daher. Handelt es sich doch um einen Traum, in dem ich erschreckend zu meiner täglichen Produktion von ‚Flachware‘ ,allen Arten von Bildern, auf Distanz ging und von der dreidimensionalen Arbeit als etwas reellem, handfestem, vertrauenswürdigem träumte. Mit der Erinnerung an eine angefangene, und für längere Zeit liegen gebliebene Arbeit in einem schweren Mahagony, nahm der Traum dann so konkrete Konturen an, dass ich am nächsten Tag den angefangenen Holzklotz aufstellte, das Werkzeug vorbereitete und mit bester Laune drauflos werkte. Für mich war der Traum der Fingerzeig um mich vor einer Abflachung in Routine zu warnen. Jedenfalls habe ich ihn so verstanden.
English Summary
Quoting Martin Luther Kings „I have a dream!“ the way I do it here, is somehow blasphemy. My dream has to do with my work as an artist. It was frightening to feel your selfconfidence in your daily work slide away. In the dream my paintings, drawings, paper works became very trivial and of little value. As a vision the threedimensional, sculpturing action appeared as rescue. I was so impressed, that I started to work again with a heavy mahagony trunk, which for over one year had patiently waited to be carved again. Certainly the Corona pandemic had a certain importance for this neglected part of my work. However it was good to feel the ‚ reel art‘ coming back to my body.
Unter dem Stichwort „Bilder und Social Media“ finden sich in der Wikipedia eine Reihe von Beiträgen, die sich in einem Punkt einig sind. Auf die Erarbeitung der Bilder muss mehr Gewicht gelegt werden,als auf den Text. Man ist sich auch darüber einig, dass bewegte Bilder besonders attraktiv sind. Der Hintergrund der benannten Beiträge ist das Marketing. Wie bekomme ich meine Ware an die Frau/an den Mann. “Ware” ist heute eine gegenüber früheren Produktionswerten unendlich weit ausgedehnter Begriff. Er umfasst das Industrieprodukt ebenso wie eine „Identity“.
Sehen wir einmal von allgemeinerer Kulturkritik ab-Stichwort „oberflächliche Wahrnehmung, 1,7 sec. für ein Bild beim scrollen“- dann müssen Künstlerinnen und Künstler mit der Möglichkeit kostenfrei ,ohne weitere Vorgaben und mit großer Reichweite Bilder zu posten, glücklich sein. Nach 5 Jahren Erfahrung unterscheide ich auf der einen Seite die vorwiegend von jüngeren Frauen genutzte personalisierte Präsentation von Fotos („ich und meine Fotos“) und auf der anderen Seite die ‚Ware Kunst‘ mit Preisangabe. Dazwischen gibt es verschiedene „Communities“, bei deren Zustandekommen Algorithmen kräftig mitwirken. Zusammen mt Tourismus-Werbung, Kuriositäten, Events ergibt das ein einmaliges Panoptikum. Mich selbst hier einzuordnen fällt mir nicht leicht. Ich biete die Teilnahme an meinem künstlerischen Alltag an. Ich verstehe Bilder generell als Teil menschlicher Kommunikation und dazu gehört das Bilder-Denken. Den Kern bietet „art77blog“, von WordPress betreut und auf Facebook geteilt. Untertitel :“Reflections of an artist“. Am Veröffentlichungsdatum teile ich noch auf Twitter. Seit einiger Zeit habe ich noch Instagram einbezogen, um die wöchentliche Lücke nicht zu groß werden zu lassen. Was ich davon habe? Die zugegeben mehr oder weniger grosse Aufmerksamkeit von 2400 Menschen bei wachsender Tendenz. Was für ein 24-Stunden-Museum! Eine völlig neue Kunsterfahrung in einem demokratischen Bilder-Raum mit neuen Herausforderungen.
Und damit zurück zur Anfangsfrage welche Anforderungen die social media an Bilder stellen. Mein heutiges Beitragsbild entstand mit den iPhone als ich gerade das Haus verließ und auf einer großen Holzskulptur den Schatten der Blätter einer Klematis im Wind tanzen sah. Kunsthistorisch führt das ins Ende des 19. Jahrhunderts zurück als Mellies und andere Pioniere des bewegten Bildes und Films einen unbekannten Bildkosmos erschlossen. Ein Gang durch die ständige Ausstellung „Lotte Reiniger“ im Tübinger Stadtmuseum öffnet die Augen für diese Wunder.
Keineswegs beabsichtigt im Sinne der einleitend genannten Diskussion war der Zeitaufwand für die social media-gerechte Aufarbeitung meines kleinen „Blätterballetts“- die Unterlegung einer Tonspur, die ich von einem anderen Video abtrennte (Pit Eitle spielt auf meinen Klanghölzern) und die geforderte Komprimierung.
English Summary
Here I get in touch with the general problem how to produce and post pictures in the social media.I take it as a chance to discuss the situation of art in the „panopticon“ of Facebook, Instagram and Twitter. The little video is titled „Leafs ballet“.
Literatur
google: „bilder in social media“
Baier, Wolfgang. Geschichte der der Fotografie ,1980
Criegern, Axel von : art77blog.axel-von-Criegern “Wie geht Kunst?” ,edition cantz 2019
Krakauer, Siegfried. Theorie des Films. 1964(1960)
Ist Künstlerische Leichtigkeit eine Charaktereigenschaft, eine Begabung oder das Ergebnis harter Arbeit ? Welche Rolle spielen die gesellschaftliche, geografische, klimatische Bedingungen, zwischenmenschliche Beziehungen, das individuelle Schicksal? Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich künstlerisch als leicht und verspielt gelte. Wie steht das aber zu meinen „schwergängigen“ Arbeiten, Phasen und Projekten? Z.B. den in monatelanger Arbeit entstehenden Holzskulpturen und den Blechplastiken Es gibt Menschen, die ihre Wertschätzung vor allem darauf richten. Für mich sind das alles zusammen Spielsteine im grossen Spiel der Kunst. Und zwar hier und jetzt. Strenge, -religiös, politisch,zwischenmenschlich, archaisch- kennt keine Leichtigkeit; sie wird zusammen mit den „Geschwistern“ Fröhlichkeit, Lachen und Witz bekämpft. Die Leichtigkeit ist auf ein hohes Mass an Freiheit angewiesen. Das darf nicht mit Willkür verwechselt werden. Es ist ein hochsensibles Spiel mit den Grenzen der Freiheit, bzw. der Freiheiten. Soweit mein ungefragt abgegebenes Statement. In einem langen Künstlerleben werden viele dieser Facetten erlebt. Was aber als persönliche Quintessenz bleibt, ist das, was die Alten „per aspera ad astra“ nannten-ins Produktive gewendet: Schwere und Leichtigkeit wechseln sich notwendig ab, ja bedingen sich gegenseitig. Mein in der vergangenen Woche entstandenes Beitragsbild gehört in eine Phase des Aufatmens, Enspannens.
Ich hatte mich in die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Graphic Novel“ verrannt (art77blog Nr.264 ff.) und besann mich nun auf das mir wesentliche.Das Papier war im Querformat geschnitten und ich begann in der linken Hälfte zu zeichnen. Ich erinnere mich an eine gewisse Mutwilligkeit bei der Aneinanderfügung der einzelnen Zeichen und Zeichenkomplexe. Relativ früh habe ich die auf dem Zeichentisch verstreut liegenden Wachskreiden eingesetzt. Auch hier dominierte die Spiellust und die Freude an der Buntheit. An einem bestimmten Punkt habe ich dann auch noch die Rechte Papierhälfte in Besitz genommen. Der linke Formenkomplex bekam dadurch den Schwanz eines Spielzeugdrachens. Die folgenden Schritte glichen den Zügen auf einem Brettspiel. Mit jedem Zug entstanden neue Perspektiven und mein ganzes Bemühen galt der ausgewogenen und dynamischen Komposition, die immer gefährdet war zu erstarren. Für das Beitragsfoto habe ich rechts unten eine sitzende Blechfigur daraufgesetzt. Sie verweist auf die prinzipielle Offenheit der spielerischen Komposition nach dem Motto: „auch das ist denkbar!“
#Criegern,Axel von : Meine Bilder. Wasmuth 2009. Hier sind weitere Beispiele für diese verspielte „Ader“ zu finden
# art77blog.axel-von-criegern: Wie geht Kunst? edition cantz 2019 Weitere in art77blog veröffentlichte Beispiele.
English Summary
what does „ease“ in the arts mean? Is it the particular character of an artist, a special gift or the result of hard work? Whats the part of social, geographic and climatic conditions? Dictatorship, dogma, rigor don’t like artistic ease the same way as laughter, jokes, graffiti and cartoons. Artistic ease needs freedom. For myself strength and ease belong together, are important for my concept of ‚playing art‘. The attached image closed a longer discussion of the „Graphic Novel“(See art77blog Nr. 264 ff.). I got stuck and remembered my artistic „virtues“: play art and watch what’s coming up.