Schrift links-Bild rechts? (art77blog.axel-von-criegern.de Nr. 221) Januar 24, 2020Januar 24, 2020 ~ art77blog ~ Hinterlasse einen Kommentar „Wuchernde Interpretationen“. Kugelschreiber, Farbstifte, 2020, ©️ Axel von Criegern Die angenehme und vertraute Vorstellung von #zwei Gehirnhälften mit klaren Zuständigkeiten ist zwar oft angegriffen worden, aber nach wie vor hilfreich. Für die künstlerische Arbeit ist sogar eine weitere Vereinfachung hilfreich: Schrift und logisches Denken auf der linken Seite, Vorstellung, Gefühl, Unschärfe, Komplexität an Sprache und Schrift vorbei auf der rechten Seite. Ganz abgesehen von ausgesprochenen #„Grenzgängern“ ist Kunst immer im ganzen Gehirn beheimatet. Bei der Lektüre von #Harald Haarmann „Universalgeschichte der #Schrift“ stieß ich auf einen eminent wichtigen Gedanken. Zwar gilt die historische Abfolge ‚zuerst Bilder, später Schrift in Verbindung mit Sprache‘, aber der neue Ansatz betont nicht nur die kulturelle Abhängigkeit der Bilder, sondern auch ihre immer geltende „ #mnemotechnische“ Bedeutung. Die verbindet den frühmittelalterlichem #„Teppich von Bayeux“ (1000 n.Chr.) mit den Zeichnungen einer modernen Gebrauchsanweisung. Beide machen sich an der Sprache vorbei für die bildhafte Vorstellung unverzichtbar. Also gab es immer Bilder- mehr oder weniger in Verbindung mit Schrift und Sprache. Der „#Primat der Bilder“ und die“Bildtechniken“(Haarmann) beziehen sich demzufolge nicht ausschließlich auf die heutige kulturelle Situation, sondern sind von grundlegender #anthropologischer Bedeutung. Mein Künstlerherz jubelt: Schluss mit den Minderwertigkeitskomplexen- Schluss aber auch mit absurdem Starkult. Denn der lenkt ebenfalls von der menschlichen, gesellschaftlichen, kulturellen Verantwortung der #visibilita‘/ visibility und deren Produktion ab. #visibilita‘ (ital. „Sichtbarkeit“) ein von Italo Calvino , beginnend mit #Dante Alighieri immer wieder verwendeter Begriff (gut bei Wikipedia)#Walter Haarmann: Universalgeschichte der #Schrift; Frankfurt,New York 1990 (Campus)„Grenzgänger: Mit diesem Begriff beziehe ich mich auf ein Papier von #Jürgen Wertheimer „Zwischen Text und Bild: Künstlerische Grenzgänger.“English Summary Since the times of „enlightenment “ letters and speech are culturally and philosophically predominant. But our everyday life is ruled by pictures. Looking back to the pre-letter- times we learn that long, long before languages there was a world of pictures, pictorial symbols, signs and stories. They covered most of human thinking, planning, memories, reports, contracts, phantasies. They stood for reliable, authentic comunication. In the Age of Enlightenment pictures became „illustrations“. Finally the development of photography taught people to use images for lying, cheating, manipulating. And what are artists in this situation good for?
Plädoyer für einen ästhetischen Radikalismus (art77blog,Nr. 191) Juni 21, 2019Juni 21, 2019 ~ art77blog ~ 1 Kommentar „Post-Text“ , Bleistift, ©️Axel von Criegern, 2019Während ich an dieser Zeichnung arbeitete, lag neben mir eine Notiz zu #Ranga Yogeshvars These einer #„Post-Text“ -Gesellschaft und einem damit verbundenen Verschwinden der Diskurse. Daher der Titel. Da ich Kunst als eine Form von #Kommunikation verstehe, die selbst #„Texte“ produziert, sind solche Thesen schon eine Herausforderung. Zwar sehe ich die Gefährdung der Kunst durch Vermarktung und Pseudo- Theorien , bin aber zutiefst von ihrer „Unschuld“ überzeugt. Ihre Quellen sind noch nicht verunreinigt und nur partiell verschüttet. Sie liegen in jener Urzeit als #Schrift und Bild noch nicht getrennt waren. So hat gute Kunst immer auch etwas von einem gelungenen Text. Den „#fake news“ entsprechend mag es auch „#fake art“ geben, aber ich denke deren Einfluss auf den #ästhetischen „Diskurs“ ist als wesentlich geringer einzuschätzen. Dafür,dass das so bleibt, sorgt eine Art von #„Reinheitsgebot“ der Kunst, das sich auf diese Quellen beruft. In einer Zeit in der #alles gut, alles schön und jeder/jede ein Künstler ist, ist das sehr wichtig. Die künstlerische Sinnfrage und kontinuierliche Neuerfindung, um einen modischen Begriff zu verwenden, fordern neben Kreativität einen gewissen Purismus. Ich denke, dass die empfindlichen Reaktionen der jeweils Herrschenden auf solchen ästhetischen #„Fundamentalismus“ genügend über dessen Wirkkraft aussagen. Bekämpfung und Repression wie im Stalinismus (#„Proletkult“) und Nazi-Deutschland (#Bauhaus) sind dabei ebenso wirksam wie die Entschärfung und Neutralisierung als schickes Dekor.English Summary I plead for a radical fundamental esthetic base of art. The right now worldwide celebrated „Bauhaus“ was hated and opressed by the nazis for its democratic power. Today we deprive it of its effect through decorative „abuse“.