Atlas stöhnt (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.365)

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Im Sperrmüll fand ich diesen ramponierten Schulglobus. Ich grundierte ihn weiß und  bemalte ihn mit ´meineń Zeichen. DasErgebnis war merkwürdig. #Trompetenfuß, Meridianring, Drehung um eine schräg gestellte Achse wiesen den #Globus aus. Zu den Zeichen und Farbfeldern auf weißem Grund mit ihrer tendenziellen Erzählstruktur, gab es keine Beziehung.

Bei den anschließenden Überlegungen zur Präsentation dieses Objektes stieß ich auf die Möglichkeit des Bewegtbildes und meine spärlichen Erfahrungen mit Filmchen, die ich auf #YouTube gestellt habe (Mein YouTube Kanal ist Axel von Criegern).  Bei einem ersten Versuch Rotation mit Hilfe eines alten Plattenspielers fiel mir auf, daß die Kugel am Meridianring hängenblieb. Der Grund waren aufgeklebte grobe Leinwandstücke. Als mir das klar war, hielt ich die Kugel so schräg zum Meridianring, daß sie sich flüssig drehen konnte. Sie hing praktisch in diesem Metallring. Aber wie konnte ich das Objekt in dieser Einstellung fixieren? Ich bohrte zwei Schrauben durch den hölzernen Fuß und befestigte das Ganze an der Wand. Der Globus stand senkrecht von der Wand ab. Allerdings nicht für lange Zeit. Als ich mich umdrehte um nach meinem iPhone zu greifen,  krachte meine Installation mit einem mörderischen Knall auf den Steinboden. Der Teller des Fußes brach dabei ab. Ich gab nicht auf. Eine Konstruktion mit dünnen Draht im Türrahmen- ohne Fuß- erwies sich als zu  zu wacklig.

In meiner Ratlosigkeit hielt ich den Stiel mit einer Hand und das iPhone mit der anderen. Aber frei am Stiel gehalten, wird so ein Globus allmählich schwer und schwerer. Langsam wurden Hand und Arm müde und zogen nach unten. Auf dem Video ist mein Ächzen und Stöhnen zusammen mit Rossinis Barbier von Sevilla deutlich zu hören. Bei meinen Vorarbeiten war ich über das Stichwort „Globus“ zum Griechischen Mythos vom „Atlas“ gestoßen. Seinen Namen tragen Kartensammlungen zu unterschiedlichen Themen. In erster Linie geografische ,aber auch historische politische, klimatische, wirtschaftliche und viele andere Atlanten. Atlas gehörte zur Gruppe der Titanen, die von neuen Göttern, die unter Führung von Zeus auf dem Berg Olymp wohnten, besiegt und bitter bestraft und letztlich ausgerottet wurde. Atlas hatte noch „Glück“, weil er zum Tragen des Himmelszeltes ganz am westlichen Ende der damals vorstellbaren Welt verurteilt wurde. Bekannt wurde er durch den unehelichen Sohn des Göttervaters Zeus, Herakles oder Herkules. Von der Gattin des Zeus, Hera, wurden ihm wirklich schwere, kaum lösbare Aufgaben gestellt. Eine war, die berühmten goldenen Äpfel der Hesperiden zu rauben. Die Hesperiden waren Töchter des Atlas, die er samt goldenen Äpfeln bewachte. Herakles trickst Atlas aus indem er ihm anbietet, die Weltkugel, so wurde das Himmelsgewölbe schon in der Antike dargestellt, zu tragen, wenn dieser ihm die goldenen Äpfel besorge. Atlas willigt ein und bringt ihm die Äpfel. Der listige Herkules bittet ihn noch einmal kurz die Kugel zu halten, weil er sich ein Tuch als Polster für die Schulter holen müsse.  Und natürlich schnappt der sich die Äpfel und verschwindet. Ich kann mir Frustration, Wut und Zähneknirschen des Titanen vorstellen. Er hatte gehofft diese erbärmliche Last loszuwerden und zudem entsetzt über den Zustand dieser Welt, die er unberührt übernommen hatte. Jetzt war es eine Müllhalde voller Plastikabfälle, die vollends zu veröden drohte.

IMG_0250Tut mir leid! Obwohl ich mein Video auf 7,8 MB komprimiert habe, wird es nicht „offen“ gezeigt!!  I am so sorry, but I did compress my video to 7,8 MB. But still the program doesn´t show it.

Die Welt im Kopf (art77blog.axel-von-criegern.de. Nr.364)

Es war mein erster großer Illustrations-Auftrag. Der Tübinger Autor #Rolf Vollmann hatte die Weltreise von #Charles Darwin mit modernen Verkehrsmitteln wiederholt und eine Menge erlebt. Ich fühlte mich herausgefordert aus seinen Erzählungen für Kinder „wirkliche“ Bilder zu machen. Der Flug der aufgehenden Sonne entgegen schien zeitlos zu verlaufen. Die Vorstellung machte ich mir selbst anhand eines Globus anschaulich. Das geriet deutlich nüchterner und aufgeklärter als die witzigen Details mit denen der Autor die Kinder unterhielt.Als er sich in nTahiti angekommen völlig übermüdet ins Bett legt, heißt es: „Dann bin ich wieder ins Bett gegangen, wieder aufgestanden, dann war gestern.“  (S. 74) Da kann kein Bild mithalten! Bei einigen Stellen konnte ich den Erzähl-Duktus des Autors und seine Beschreibung etwa zu den Sternbildern in einer Denkblase aufnehmen. Die doppelseitige Erd-Karte ist eine „barocke“ Darstellung, die selbst schon mit den vier Winden in den Ecken dramatisch wirkt. Ich dachte, es könnte für Kinder hilfreich sein, den Verlauf der Reise auf einer solchen Karte nachzuvollziehen. Es gab innerhalb der 120 Federzeichnungen zahlreiche Varianten des Verhältnisses von Text zum Bild. Meine Vorstellung war insgesamt eine parallele Bildwelt zu schaffen, die ihre eigne Spannungskurve hat. Wahrscheinlich berührten mich die Punkte, an denen ich mich selbst gefordert sah, sei es die Vorstellung der Menschen vom Himmel und den Gestirnen bereits in der frühen Menschheitsgeschichte, die sich wandelnden Bilder der Form der Erde, später dann die Erde als Kugel und noch später die Bewegungen der Erde um die Sonne. Dazu gehören die Verbreitung derMenschen auf der Erde und das Phänomen Zeit und deren Messung. Für mich war es aber auch reizvoll für bestimmte Situationen, Erlebnisse und Stimmungen Bildentsprechungen zu finden.

Noch ein Rat an alle, die Illustrator(inn)en werden wollen: die Honorare stehen in der Regel zum Engagement und Zeitaufwand in keinem Verhältnis. Es gilt verbindliche Verlags-Verträge auszuhandeln, die eine angemessene Pauschale oder Preis der einzelnen Illustration beinhalten. Dazu gehören auch Termine der Aushändigung des zu illustrierenden Materials und Termin der Ablieferung der Illustrationen, der Fall von Rückzug und Vertragsbruch. Ich verweise darauf so nachdrücklich, weil sich damit nicht nur die Wertschätzung ihrer/ unserer Arbeit  verbindet, sondern viel grundsätzlicher die Anerkennung einer Leistung für eine bessere, offenere und kritische Text – Rezeption.

#Rolf Vollmann, Die Reise um die Welt. Beltz und Gelberg,  Weinheim/Basel 1980.

#Charles Darwin, 1809-1882, „Reise um die Welt“, 1839

 

„Reibe ich mich zwischen Text und Bild auf oder …? (art77blog.axel-von-criegern.de. Nr. 363)

„Wutbild“ ©️voncriegern 2022

Alexander Kluge äußert sich wiederholt zur Faszination der Stellen, an denen sich #Künste berühren. Er meint nicht den Musiker, der auch malt (Schönberg, David Bowey), die Schriftsteller/in, die zeichnet (Puschkin, Kafka, Grass) oder den Filmregisseur, der zu seinen Filmen Skizzen anfertigt (Eisenstein, Fellini).  Er spricht von „Reibung“. Das hat mich persönlich  getroffen. Ich war zeitlebens auf Versöhnung von Literatur,Drama, auf fruchtbare Potenzierung (Illustration, Comic ,Film), nicht auf Reibung bedacht. Vielleicht verstehe ich aber Alexander Kluge, den ich sehr schätze, hier auch falsch. Wenn ich an ein Gespräch zwischen Kluge und Georg Baselitz, das 2016 im Münchner Haus der Kunst stattfand, denke, fällt auf, daß Kluge ein Profiteur der Reibung ist. Während Baselitz Kluges Wissen rückhaltlos  bewundert, genießt dieser die (sprachlich noch nicht umgesetzte) Breite an Deutungsmöglichkeiten und streut Beispiele seiner diesbezüglichen Arbeit, z.B. ein Gedicht zu einem Bild ein. Wenn Baselitz dagegen an seine Lektüre der frühen Berliner Tage erinnert (Beckett!), dann spricht er von Bildung, nicht von der Bedeutung für seine künstlerische Arbeit. Und selbst wenn Baselitz auf „Reibungen“ anderer Art verweist und  sich als Außenseiter vom „Mainstream“ sieht und daher seine Identität (u.a.) ableitet, hat Kluge kein Problem lächelnd einzuwerfen:  „Das verbindet uns!“

Das Außenseitertum bietet eine Chance, sozusagen den Strohhalm, nach dem ich gierig greife: Schließlich bin ich ein Künstler, der von Kunsthistorikern kunstpraktische Vertrautheit fordert, sein eigenes Werk deswegen gleich selbst aufarbeitet und  Didaktikern der Kunst eine völlig überzogene Theorie-Hörigkeit  vorwirft.      

ICH SOLLTE MICH DOCH BESSER ZUR „AUTOGAMIE“ (BIOLOSICH:SELBSTBEFRUCHTUNG) BEKENNEN.DA IST DAS LEBEN WENIGER AUFREIBEND UND ALS SELBSTBEGLÜCKER BIN ICH UNSCHLAGBAR!

#Ich schreibe diesen Text unter dem Eindruck eines Videos auf YouTube, auf dem Alexander Kluge mit Georg Baselitz 2016 ein Gespräch führte. Das Video verweist auf ein Buch:“ Weltverändernder Zorn.Nachricht von den Gegenfüßlern.“ (Suhrkamp Bibliothek, 2017). Einen ähnlich nachhaltigen Eindruck hat bei mir das 2017 bei Luchterhand erschienene Gespräch Kluges mit Ferdinand von Schirach  („Die Herzlichkeit der Vernunft)“hinterlassen . Zu meinem obigen „Wutbild“ (Das knüpft an art77blog.axel-von-criegern.de Nr.361 „Schocktherapie“,an)muß ich jetzt sagen, daß Kluge den „Zorn“ als den  weitertragenden und hier sicher angemessenen Begriff verwenden würde; ging diese Wut  doch wahrscheinlich auf tiefer liegende Ungereimtheiten zurück.

Meine Notizen zu diesem Beitrag.

Ich mache keine Kunst(werke), sondern praktische Erfahrungen mit der Kunst. (art77blog.axel-von-criegern.de Nr. 362)

 

Zu den Bildern: „Trial and Error!“ am Beispiel einer Holzskulptur.

Das ist derVersuch auf das Wundern meines Freundes ,# Michéle Facchino, der mir gerade beim Umgestalten (seine Idee!) des Ateliers hilft , angesichts der Vielfalt meiner Arbeiten einzugehen:

 Wir müssen etwas machen und dabei und dadurch Lernen. Meine künstlerischen Arbeiten habe ich seit dem Akademie-Studium immer als praktische Erfahrungen mit der Kunst verstanden; also nie als fertige Produkte der Kunst, „Kunstwerke.“   Irrtum ist Teil der Annäherung an die Kunst und da ich nicht weiß was #Kunst ist, kann ich nur irren. Dieses Irren und die immer neuen Ansätze mit Techniken, Materialien,Werkzeugen, Bewegung, -Dimensionen, Methoden machen  mich glücklich. Ich glaube, daß dieses Glück auf dem Vertrauen darauf besteht, daß es immer mit Kunst zu tun hat-auch wenn es keine ist. Dazu gehört auch das beglückende Gefühl, daß von Beginn an die Formen ähnlich waren, auch wenn man damals noch keinen Sinn darin gesehen hat. Das ist von Außen gesehen ein klägliches Kapital, aber es reicht für ein Leben. Es gibt das Gefühl der Entwicklung, des Vertrauten, der Beständigkeit. Daß in meinem Fall die problemlose Aufnahme in die Akademie, der Abbruch nach nur einem Semester, die „Auszeit“ bei der Bundeswehr, die Wiederaufnahme des Studiums mit Lehrerexamen, Studium der Politikwissenschaft,  das universitäre Studium der klassischen Kunstgeschichte, reichliche Illustrations-Praxis und Forschung, Kunstunterricht, Bewerbungen um Stellen und Probleme bei der Präsentation von Arbeiten einen Sinn, eine konstruktive Bedeutung hatten, kann ich bestenfalls ahnen, nicht wissen. Und natürlich gilt das auch für die Rolle des „Privatlebens“.Aber das ist noch einmal ein ganz anderes Kapitel!!

#In diesem Zusammenhang ist der Buchtitel „Wie geht Kunst?“, den ich einem Bericht über meine Internet-Aktivitäten gab, gar nicht mehr so witzig und provokativ.(art77blog.axel-von-criegern.de :Wie geht Kunst? edition cantz 2019 )

Schocktherapie (art77blog.axel-von-criegern.de Nr.361^

Hänger“, jede/jeder kennt dieses lähmende Gefühl, dass die Kreativität erlahmt und ins Stocken kommt. Wahrscheinlich erleben das alle in irgendeiner Form in diesen Tagen.  Meine angefangenen Arbeiten schienen jede Originalität, jeden Funken Lebendigkeit und damit jeden Reiz zu verlieren. In einem bestimmten Moment habe ich aus Verzweiflung und Wut angefangene Malereien durch in die Mitte geschleuderte Farbkleckse zerstört oder zumindest gestört. Bei meiner angefangenen Holzarbeit habe ich an einer „empfindlichen“ Stelle ein völlig unpassendes Loch geschlagen und an einer anderen Stelle eine Form aufgelöst. Spannend war dann zu beobachten, wie sich nach diesem Aufbäumen konstruktive Kräfte mobilisierten, die versuchten aus den Beschädigungen „etwas Positives zu machen“.Mein Optimismus kehrte zurück.