Von allen Versuchen mich dem Werk des Malers #Jan Steen (1626-1679) anzunähern, ist das der spannendste und zugleich unverkrampfteste.Ich habe die Themen seiner Gemälde zum Ausgangspunkt von #fiktiven Skizzen und #Studienblättern gemacht. Wichtig ist mir das Modell des #Rhizoms, das zwischen seinen Werken, den Werken von Zeitgenossen, deren Themen, künstlerischen Techniken und unserer modernen Bildwelt Verbindungen ermöglicht. Das alles gibt nicht zwingend Fantasien. So hat die traditionelle kunstgeschichtliche Forschung früh auf die Verwendung unterschiedlicher Moden je nach Thema verwiesen.
“Zurück in die Zukunft” könnte das Motto meiner aktuellen Auseinandersetzung mit #Jan Steen sein. (#Nr. 415) . Ca. 3 Tage habe ich an dieser kräftig farbigen Buntstift -Zeichnung gearbeitet (Foto 3).
Bild 1: Bleistift mit Radiergummi auf Bleistiftzeichnung. Der Inhalt sind 6 Rechtecke. Jedes verweist auf ein Gemälde Jan Steens.
Bild 2: Löschen der Hinweise auf Jan Steens Gemälde und Ausradieren der Rahmen.Neue Themen entstehen und werden ausgearbeitet. Mit Blau erste Farbansätze. Verbindungen zwischen den Motiven.
Bild 3 : Farbdramatik; Komposition.Das Ganze wird zum “verflüssigten Comic” . Beziehungen zwischen den Motiven verändern sich.
Jan Steen “Wie die Alten sungen…” (1665) +Rhizom AvC (2023)
Mit dem Begriff und der Vorstellung vom Bild-Rhizom habe ich einen persönlichen “Treffer” gelandet, denke ich. Vorgestellt ist ein Geflecht aus Bildmotiven und und Formen, das sich unhierarschich ausbreitet. Im Falle des Bildes von #Jan Steen kann ich auf eine grosse Menge ikonographischer und ästhetischer Erforschungen dieses Bildes zurückgreifen. Zu jeder dieser Informationen, die ich hier zitiere (aus der Erinnerung oder kopierend) gibt es Rhizome. Sie wachsen ästhetisch , d.h. ohne thematische Anknüpfung, schließen solche aber nicht aus. Auf jeden Fall gehören sie im neuen Bild zusammen. Die Ästhetik des neuen Bildes voranzutreiben, macht die Qualität des Rhizoms aus. Benützt habe ich den Grafitstift für Linien und Verwischen,einen schwarzen Colour Brush von Pentel für dicke schwarze Linien, einen Fineliner von Molotow und Ausschnitte aus der Hochglanz-Broschüre “World of Interiors” (Meistens Werbung) als Collage. Die jüngere trunkene Frau oben links bezieht sich direkt auf ein Motiv in Steens “Wie die Alten sungen…”
Mein aktuelles Projekt ist eine Reihe solcher Rhizom-Bilder (Objekte, die alle den Bezug auf Steens Bild als Anstoß haben.)
#Chapman, H.Perry,Wouter Th.KLloek, Arthur,K. Wheelock,Jr. (Hg.) , Jan Steen. Maler und Erzähler. Belser Verlag 1996
#Criegern, Axel von, “Wie die Alten sungen…” Auseinandersetzungen mit einem Bild von Jan Steen(1626-1679). Tübingen 1999.
#Criegern, Axel von: “Konzepte künstlerischer Auseinandersetzung .Erprobt an einem Bild aus dem 17. Jahrhundert. Kunst+Unterricht, Heft 233,1999. S.40-42
Im Moment fasziniert mich der offene Umgang mit der Vieldeutigkeit , der entsprechende Aktivitäten einfordert. Ein solches Erlebnis war vor ein paar Tagen die Aufzeichnung der Premiere der Oper # „Carmen“ bei den St. Margerethen Felsenfestspielen in der Regie von Arnaud Bernard. Diese Premiere musste wegen Unwetter abgebrochen werden. Dabei bot die Verlagerung auf einen militärisch eingefärbten Filmset a la Hollywood bereits genug Anreize. Bei meiner eigenen Arbeit war die Aufnahme der Schatten meiner Kakteen auf einem Vorhang eine weniger aufwendige Aktivität.(#art77blog.Nr. 404). Bei der Vorbereitung dieses Blogs (Nr.405) stiess ich auf eine Fotoserie, die mir die Tendenz zur Vieldeutigkeit noch einmal überzeugend vor Augen führte.
Dazu mehrere Aspekte: Ich hatte ein Bild #Jan Steens (1626-1679) in Blech-Figuren übersetzt. Mit diesen Figuren konnte man neue Anordnungen probieren und sogar Theater spielen. Später entdeckte ich die Fotos, die ich von Figuren und Szenen gemacht hatte. Die Fotos reizten zum Spielen. Ich klebte sie aufrecht auf eine Pappe auf. Die Fotorückseiten wurden z. T. bemalt, ebenso der Boden auf dem sie standen. Was mir an diesem Beispiel klar wurde, ist die Rolle der Medien. Im Transferieren bilden sich immer weitere Basis-Situationen, auf denen sich dann neue Handlungen und Deutungen entwickeln lassen.
# „Carmen“ von George Bizet..Hier „Oper im Steinbruch“ St.Margarethen, 2023. (3sat)
# Axel von Criegern. Dramaturgie eines Bildes. Auseinandersetzung mit Jan Steen (1626-1679):“Abfahrt von einem Wirtshaus“ (Staatsgalerie Stuttgart).Tübingen 2003. ISBN 3-933916-12-7 Katalog zu Ausstellungen in der Kunsthalle Gießen, 2004 und Kulturhalle Tübingen, 2004.
Axel v.C. Ein Bischof belauscht Leute, die den hl. Martin anflehen, der neue Bischof zu werden. 2012, Lufttrocknender Ton, Aquarellfarben
Bei den Recherchen zum Werk meines Vaters Friedrich von Criegern stieß ich auf Skizzen und Fotografien von Krippen. Sie entstanden, ohne mich sonderlich zu beeindrucken, in den 1960er Jahren. Meine Lust mir Szenen und Themen mit Hilfe kleiner Modelle klarzumachen, kann ich mir dennoch daher erklären. Bestätigt sehe ich das durch die architektonischen Elemente. Sie schaffen über die Örtlichkeit hinaus eine intime Atmosphäre . Für mich bedeutet das eine freundliche Distanz zu den Szenen, die sie zum „Spielplatz“ macht.
Axel v.C. Ein Bischof belauscht Leute, die den hl. Martin anflehen, der neue Bischof zu werden. 2012, Lufttrocknender Ton, Aquarellfarben
Überraschend schenkte mir vergangene Woche ein Freund ein Heft „Jan Steen. Acht Gemälde des Meisters in farbiger Wiedergabe. Mit einer Kennzeichnung von Artur Seemann“ aus dem „Verlag von E.A.Seemann in Leipzig“ o.J. Bei dieser Gelegenheit habe ich die anderen frühen Veröffentlichungen, die ich im Rahmen meiner Arbeit über Jan Steen gesammelt habe, erworben habe, in die Hand genommen. Wie ein Papierschiffchen in Wind und Wellen schaukelt die Bewertung dieses Meisters niederländischer Kunst des 17. Jahrhunderts (1626-1679) in den kunsthistorischen Strömungen. Als sich 1700 n.C. der Geschmack der französischen Kunst und Lebensart zuwendet, gerät Steen ins Fahrwasser der Bauernmalerei, um dann ein Dreiviertel Jahrhundert später von Joshua Reynolds in die Höhe Raffaels gehoben zu werden. Heinrich Heine feiert in seinen 1834 entstandenen „Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewobski“ Jans geradezu heidnische, epikureische Lebensfreude.
Inzwischen hat die Steen-Forschung ein tolles,“modernes“ Niveau erreicht. Dabei muss die lustvolle, fröhliche und doch verdeckt kritische Empathie a la Heine ihren Platz räumen. Schade. Wenn er ebenfalls Raffael zitiert, dann schwingt da auch ein ironischer Ton in Bezug auf das Pathos der ‚Präraffaeliten‘, Nazarener und frommer Antikensehnsucht der Deutsch-Römer mit. Ich mag solche Sätze wie: “Keiner hat so tief wie er begriffen, dass auf dieser Erde ewig Kirmes sein sollte; er begriff, dass unser Leben nur ein farbiger Kuss Gottes sei, und er wusste, dass der Heilige Geist sich am herrlichsten offenbart im Licht und Lachen.“
English Summary („Sometimes I am/ feel like Jan Steen“)
Last week an old friend of mine gave me a book with eight colour- reproductions from works of Jan Steen (1626-1679). He knew about my long time Steen -studies. This brochure from the early 20th century brought back to my mind the changing critiques of Steens work through the centuries. There is a chapter in „Aus den Memoiren des Herrn von Schnabelewobski“ of Heinrich Heine from 1834 that matches my feelings: brilliant light and laughter are the unique components of Steens art.I love this.
Criegern,Axel von. „Abfahrt von einem Wirtshaus.Ikonographische Studie zu einem Thema von Jan Steen“. Oud-Holland 86, S.9-31.
ders. Zu selbem Bild: „Dramaturgie eines Bildes. Auseinandersetzung mit Jan Steen (1626-1679): „Abfahrt von einem Wirtshaus“ (Staatsgalerie Stuttgart) , 2004
„Jan Steen.Maler und Erzähler“ Hg. H.Perry Chapman, Wouter Th.Kloek, Arthur K. Wheelock Jr., 1996
Sehr verehrter Herr #Hölderlin, entschuldigen Sie bitte, dass ich noch einmal zu Jan Steen zurückkehre. Selbstverständlich hatte mein unbedachter Vorschlag Motive eines Bildes von Steen abzuzeichnen weder mit Ihrer künstlerischen Leistung, noch mit deren existentiellen Bedeutung in Ihrem Leben zu tun. Vielmehr habe ich aus dem bei Ihnen anklingenden Zusammenwirken von #Intellekt und #Sinnlichkeit kurzerhand eine #Methode gemacht. Dieser ‚Missbrauch‘ öffnete mir die Augen dafür, dass ich bereits 20 Jahre zuvor auf die Erkenntnis-Kraft des Zeichnens gesetzt hatte. Im Rahmen der Recherchen zu meiner Dissertation über die #“Fröhlichen Gesellschaften“ Steens, hatte ich regelmäßig Bild-Notizen gemacht. 1965 war noch nicht an #digitale Fotografie zu denken. Auch meine Versuche mit einer Art ‚Spion-Kamera‘ (einer schwarzen Minox C) brachten unter den Lichtverhältnissen und Nutzungsbedingungen von Bibliotheken,# Fotosammlungen und grafischen Kabinetten keine brauchbaren Ergebnisse. Also griff ich auf die Zeichnung, unterstützt von schriftlichen Ergänzungen, zurück. Erst durch Ihre Arbeit über die komplexe Rolle der Dichtung bei der Erfahrung von Ganzheit, Schönheit und Wahrheit, wurde ich an diese Möglichkeit der Bild-Annäherung erinnert. Dafür bin ich Ihnen zu grösstem Dank verpflichtet. Untertänigst Ihr ergebener Axel von Criegern. English Summary Sorry Mr. Hölderlin! I apologize for the ‚abuse’ of your adorable work . Let me explain what Drawing means for me. Drawing, designing ,sketching are for me tools to understand history and art. It was Your philosophy that told me that I was not totally wrong. If you feel offended now, I must pray that You accept my# everlasting admiration for your revolutionary philosophy and poetry. Submissively Your Axel von Criegern.
Moment mal: Du schreibst den Blog nicht um Deine Kunst bekannt zu machen und zu verkaufen, sondern??? Um die Alltägllichkeit von Kunst, also letztlich ihre Bedeutung für unser Leben (nicht nur meins) zu zeigen. M.E. gelingt das am besten wenn ich andere an unterschiedlichen „Kunstwerdungen“ teilnehmen lasse – indem ich Anlässe, Produktion, Änderungen, Arbeitsstufen zeige. #Kunst als Kommunikation und Gegenstand von Erkenntnissen bekam für mich nicht erst 2016 Bedeutung, sondern begleiten mich seit über 60(!) Jahren. Das beinhaltet breit gefächerte Erfahrungen. Wes Geistes Kind ich bin zeigt ein Blick auf die Jahre 1965-1675, als ich nach abgeschlossenem Kunststudium der Sache Kunst wissenschaftlich auf den Grund ging und am Ende der Arbeit an meiner Dissertation über #Jan Steen(1626-79) von der Keule #„Visuelle Kommunikation“ getroffen wurde. Und das sass nachhaltig ! Dieser Cocktail aus Kunsterfahrung, Kunstwissenschaft und Gesellschaftskritik blieb bis heute wirksam. Und die Erfüllung, die ich daraus erfahren habe, möchte ich weiter geben und zwar ohne berufliches „Muss“, eher beiläufig und alltäglich. Mein einziger „kategorischer Imperativ“ (Kant) ist das wöchentliche Erscheinen des Posts (freitags). English Summary My art- life is determined by art school, studies in art history and social criticism. Very important were the „visual communication“ and 40 years of teaching art. After all „art77blog“ stands for free and independent art practice and reflections.
#Kunst als Kommunikation # Jan Steen (1626-79) # „Visuelle Kominikation“
Entwürfe für die Ausstellung #„Wie geht Kunst?“ in der Kulturhalle und im Künstlerbund Tübingen (ab 18.10.).
Gestern kam Maks Dannecker vorbei um als „ambulante #Kuratorin“ meine aktuellen Planungen der Ausstellung „Wie geht Kunst?“ zu diskutieren. Abschließend hob sie hervor, dass alle Exponate „#auf Augenhöhe“ wären. Eine hier ungewöhnliche Formulierung. Es war deutlich, dass sie nicht die Hängung auf Augenhöhe meinte, sondern das Vermeiden jeder Hierarchie oder Hervorhebung einer einzelnen Arbeit. Tatsächlich präsentiere ich die Arbeiten in gleichwertigen Räumen in Form gleichwertiger #‚cluster‘. Eigentlich sind es 6 Ausstellungen (Cluster) in 2 Räumen. Die in der #Künstlerbund-Galerie gezeigten Arbeiten zu #art77blog.axel-von-criegern.de sind und waren der Anstoß für das Thema der gesamten Ausstellung. Das Medium und der wöchentliche Rhythmus des blogs lassen keine Ungleichheit zu. Bei der #Kulturhalle Tübingen ging es darum mehr als 60 Jahre Kunst-Leben zu vermitteln ohne Arbeiten #chronologisch aneinander zu reihen oder nachträglich eine so nicht erlebte Dynamik und Bewertung zu konstruieren.In den 6 Clustern dominierten Fragen der Präsentation. Sie unterstützt die die Objekte verbindende, jeweilige Thematik : Theorie in unterschiedlichen Ausformungen/ Formkonstanz und Themenbreite bei Holz/ Metall: Von der Fläche zur dritten Dimension in verschiedenen Projekten/ Das Thema ‚Bild‘ in seiner vielfältigen Ausprägung: #Petersburger Hängung/ #Jan Steen (1626-1679) und die breite #ikonologische und künstlerische Auseinandersetzung. Zurück zur „Augenhöhe“. Sie ist auf keinen Fall mit formaler Angleichung ohne thematische Differenzierung zu verwechseln . Sie funktioniert nur als nachvollziehbare inhaltliche Entsprechung. In diesem Sinne habe ich die Feststellung der „Augenhöhe“ positiv verstanden.
Das Thema ‚Augenhöhe‘ als Prinzip des blogs lässt sich im Buchformat besonders deutlich erkennen: art77blog.axel-von-criegern: Wie geht Kunst?, edition cantz, 2019.
English Summary A friend characterized my exhibition preparations as „at eye level“. She didn’t mean hanging pictures on eye level but used it as a metaphor. She noticed that I tried to provide ‚equal rights‘ for everything in the show. Maybe that the concept to organize the exhibition in „clusters“ supports this effect of „at eye level“.
English Summary Watching the actual interpretation of Wagners „Tannhäuser“ by the young Tobias Katzer on TV was overwhelming! It was a wonderful burlesque far away from the earlier Wagner- Mysteries on the „Hügel“ of Bayreuth. I was so high, that I started a watercolour- sketch in an interval.