Vom „quixotic“ zum „chaotic“ (art77blog.axel-von-criegern.de, Nr 252)


„Don Quichotte und Dulcinea“, Alublech-Schnitt, Acrylmarker,Lack, 50x32cm.©️2020

Das englische Wort „quixotic“ hat bei mir über die Roman-Figur des #Don Quichotte (Cervantes) die Tür zu einer fantastischen, spielerischen Kreativität weiter aufgestoßen (#art77blog Nr 251). Bei #Edouard Glissant, Kultur und Identität. Aufsätze zu einer Poetik der Vielfalt (Wunderhorn 2013,deutsch,2.Aufl.) entdeckte ich eine weitere „quixotische“ Perspective. In Martinique mit #kreolisch und französisch aufgewachsen, war er ein nachdrücklicher Verfechter der eigenständigen kreolischen, #karibischen Kulturen. Im Unterschied zu den auf verschriftlichten Gründungs-Epen und linearem, logischen Denken aufbauenden abendländischen Kulturen sieht er die karibische Kultur als mündlich und schriftlos, offen, rizomisch, rhythmisch und #„chaotisch“. Chaotisch wird von ihm positiv im Sinne des Unvorhersehbaren in der Welt verstanden. Sehr spannend wird es dort wo er Kino ,Skulptur und wahrscheinlich alle Künste zur „Oralität“ schlägt. Was das Verhältnis der extrem gegensätzlichen schriftlichen und mündlichen Kulturen angeht, sieht er die Notwendigkeit der Toleranz und die Chance des offenen Austauschs.

Für mich ist die Vorstellung von der #Oralität der Kunst verbunden mit einem enormen Erkenntnis-Schritt. Schließlich hatte ich als junger Künstler das „Chaos“ der abendländischen Kunst negativ als Bedrohung erlebt (1960ff.) und Zuflucht in der Geisteswissenschaft, der Linearität des Denkens, Logik und Aufklärung gesucht. Wenn ich nun das Chaotische, Nicht-systemische, Nicht-logische,Nicht-folgerichtige, Nicht-zielgerichtete als gleichwertig positiv verstehen ‚darf‘, dann ist das eine neue Perspektive für unsere Kunst. Der Rechtfertigungsdruck fällt ebenso weg wie das Ranking, willkürliche Qualitätsaussagen und beschämende theoretische Überbauten. Das Chaos ist im griechischen der leere, offene Raum. Wandelt man ein berühmtes #Hölderlin-Zitat „Komm ins Offene, Freund“ in diesem Sinne ab, hieße es : „Komm ins Offene, Künstler!“

English Summary

What I imagined the word „quixotic“ could mean for the artists creativity (art77blog Nr 251) was topped by „chaotic“ reading a booklet by the creol-french author Edouard Glissant about the Caribbean cultures: Kultur und Identität. Ansätze zu einer Poetik der Vielheit (second german translation/ edition,Wunderhorn 2013). He focusses on the extreme differences between written european cultures with their linear thinking and the oral , „chaotic“ caribbean, creole culture. Chaotic means here free of restrictions- creative, impulsive and emotional. For me was it a big surprise that Glissant puts the arts in these cultures on the oral side. I can imagine that contact and exchange are a big chance for both cultures- including the artists.

Michelle Obama, „quixotic“ and art77blog (art77blog.axel-von-criegern.de Nr. 251)

„Quixotic“, , Acryl a.Lw. 50×40 cm, ©️2020

Um mein verblasstes English für art77blog aufzubessern, lese ich gerade #„Becoming Michelle Obama“. Biografien gehören nicht zu meiner Lieblingsliteratur, aber das Buch wurde mir von meiner Enkelin empfohlen. Es ist spannend und das Englisch gut lesbar, bis auf die verflixten schwarzen Löcher in meinem Englisch-Universum. Also eine Doppellektüre: Lexikon und Buch. Um eine bestimmte Art des entspannten Fantasierens des jungen Paares zu charakterisieren, verwendet M.O. das Wort „quixotic“. Ungefähr in diesem Sinn wird es auch in den Lexika übersetzt. Auf die exotische Schreibweise wird aber nicht eingegangen. Für mich war eigentlich klar, dass das mit #Don Quichotte zu tun haben müsste. Jetzt passierte wieder eines der Dinge, die man neutral „Koinzidenz“ nennt. Nach meiner Auseinandersetzung mit Daniel Knorr (#art77blog Nr.249 und 250) , war der „Faden“ bei mir gerissen. Meine eigenen Versuche wieder anzuknüpfen, begannen mich zu langweilen. Die Technik-Begeisterung Knorrs brachte mich dazu mal wieder eine #Leinwand herauzuholen. Die ersten Pinselstriche waren keineswegs aufbauend, also nahm ich „#Gesso‘, eine Reliefpaste zu Hilfe. Kratzer mit dem Pinselstiel und die naiv wirkenden roten Pinselstriche strukturierten das Getümmel. Das passierte genau während ich mir über das Wort „quixotic“ Gedanken machte. Ich begann prompt ein Männchen auf einer Art Pferd zu sehen und zum Schluss noch eine Lanze, die eher wie eine Gabel aussah. Und jetzt stieß ich (endlich) auf den Artikel im „#Meriam-Webster“! So arbeiten Michelle Obama, der Meriam-Webster und art77blog zusammen. Schlagartig fand ich das Bild gut und mein Optimismus kehrte zurück. Sounds quixotic? But it is real!!!

English Summary

After discovering Daniel Knorr and writing about his show at the Tübingen Kunsthalle (# art77blog.axel-von-criegern.de Nr 250) I couldn‘t make it back to my ‚route‘! Eventually a little word showed me the way. In the book „Becoming Michelle Obama“ I stumbled over the word „quixotic“. Dictionaries translate it with something as fantasize or have visions… This didn’t sound negative but easy and playful. My first association ‚Don Quijote‘ was confirmed by the Meriam-Webster. Anyhow, it was this single word that made me play around with acrylic and gesso on a small size canvas. When I decided to finish it happened that I discovered him, the unique Don Quijote on his horse Rosinante as subject of my painting! Don’t ask me why and how.