Eine künstlerische DNA? (Art77blog.axel-von-criegern.de. Nr. 377)

AXEL VON CRIEGERN, „LEBENSBAUM“, 2022 BUCHSBAUM H. 15CM

AXEL VON CRIEGERN, o.T. (Work in progress 2021/2022)

Linde, H. 70cm

Wenn ich auf über 60 Jahre meiner Holzbildhauerei zurückschaue,  überrascht mich immer wieder die Langsamkeit der Entwicklung. Ältere Arbeiten können viel moderner erscheinen, als aktuelle. Es ist aber nicht nur der Faktor #Zeit, sondern auch  die auffallende #Wiederkehr der Formen. Sie scheinen einem geheimen #Kanon zu folgen. Einen amüsanten  Anstoß bekamen meine Überlegungen dadurch, dass mein Sohn @Marc eine meiner “Miniaturen“, die ich als Postkarte vor blauem Grund druckte, für eine meiner grösseren aktuellen Arbeiten hielt. 15 cm und 70 cm! 

Bei der Frage nach grundlegenden Konstanten und Strukturen  von Material  stiess ich auf  das Thema DNA und ihre Struktur  (Wikipedia#Struktur#Doppelhelix) . Für einen Moment war ich sogar versucht die diagonale Dynamik meiner Skulpturen in eine wie auch immer (un-)mögliche Beziehung zur „Doppelhelix“, also der Anordnung des menschlichen Erbgutes zu sehen! Weit weg, am Horizont der Forschung könnten hier Antworten auf die Frage nach dem künstlerischen Stil, zeitlichen, materialen,  technischen, psychischen Konstanten und Variablen bei Künstler*innen zu finden sein.

Forscher*innen , die sich Tag und Nacht mit der Erforschung des Lebens herumschlagen, mögen solche Fantasien jeglicher Grundlagen entbehren. In der Kunst müssen sie erlaubt sein!

 

Väterliches Erbe: Figuren in intimen Räumen :Weihnachtskrippen (art77blog.axel-von-criegern.de, Nr. 376)

 

Axel v.C. Ein Bischof belauscht Leute, die den hl. Martin anflehen, der neue Bischof zu werden. 2012, Lufttrocknender Ton, Aquarellfarben

Friedrich von Criegern: Krippen 1960er Jahre

 

Axel v.C. Modell nach Jan Steen(1626-1679): „Lustige Gesellschaft auf einer Gartenterrasse“, 2006; Lufttrocknender Ton, Aquarellfarben, Sperrholz

 

Bei den Recherchen zum Werk meines Vaters Friedrich von Criegern stieß ich   auf Skizzen und Fotografien von Krippen. Sie entstanden, ohne mich sonderlich zu beeindrucken, in den  1960er Jahren. Meine Lust mir Szenen und Themen mit Hilfe kleiner Modelle klarzumachen, kann ich mir dennoch daher erklären. Bestätigt sehe ich das durch die architektonischen Elemente. Sie schaffen über die Örtlichkeit hinaus eine intime Atmosphäre . Für mich bedeutet das eine freundliche Distanz zu den Szenen, die sie zum „Spielplatz“ macht.

Axel v.C. Ein Bischof belauscht Leute, die den hl. Martin anflehen, der neue Bischof zu werden. 2012, Lufttrocknender Ton, Aquarellfarben

.#Weihnachtskrippe #Krippe # Intimität #Vater #Schnitzen #Holz #Ton #Aquarellfarben #art77blog, Nr. 375 #Wikipedia #Jan Steen #Gartengesellschaft #Metropolitan Museum New York #Bild-Bild-Kommunikation #Kopäd @axel von criegern (Wikipedia),#art77blog.axel-von-criegern: „Wie geht Kunst?“ (edition cantz 2019).

Begegnung mit dem Vater (art77blog.axel-von-criegern.de Nr. 375)

Axel v.C.„Figuren-Gruppe“, Relief 1962. Lindenholz

Wenn man Ordnung in seine  Sachen bringen will, stolpert man unweigerlich über die künstlerischen Vorfahren in der Familie. In meinem Fall ist es mein Vater. Er war Holzschnitzer und war nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft , von meinem sechsten Lebensjahr an, mit seiner Schnitzkunst allgegenwärtig.. Ihm direkt zu folgen, kam für den Jungen überhaupt nicht in Frage! Heute stecke ich mitten in der Aufarbeitung.

Axel v.C.„Kleine Figuren-Gruppe“,1963/64
Axel v.C. „Familie“ 1967/68. Rundplastik;Lindenholz, Aquarell-Farben
Axel v. C. „Urholz“ 1968. Apfel poliert . 20×20 cm: Neubeginn, :Freimachen von der „illustrativen“ Darstellung.
Friedrich v.C. Der hl. Franziskus predigt den Fröschen. 1980. Linde
Friedrich v. C.Hl. Franziskus, Detail, Linde
Friedrich v.C. Kruzifix, ca. 1955, Linde

 

Friedrich v. C. (Mein Vater). Der Hl. Franziskus predigt den Fröschen .1980 Montage mit einem beschädigten Kruzifix(ca. 1955) :AVC. Lindenholz. Rechts davon ein Troll. Diese Assemblage spricht für meine Ratlosigkeit angesichts der väterlichen Kunst.

Irgendwann hatte ich den Corpus von dem glatten Holzkreuz getrennt. Ohne den Halt des Kreuzes brach ein Arm ab. Ein hl.Franziskus, der zwei Fröschen predigt,  den uns mein Vater zum Einzug in das Haus in der Froschgasse geschenkt hatte, war seine letzte Arbeit. So berührend die Idee und Geste waren, so wenig wurde ich als inzwischen 40-jähriger „Kollege“ mit der Figur warm. Irgendetwas stimmte mit den Proportionen nicht. Als dann der Kruzifixus zum zweiten Mal, diesmal künstlerisch „gefoltert“ wurde, dienten die Arme des Franziskus als Aufhänger für den Gekreuzigten. Ich denke es ist nachvollziehbar, dass mir erst jetzt, anlässlich der Aufarbeitung meiner eigenen Arbeiten, in dieser eigentlich zufälligen und beiläufigen Montage mein nie ganz geklärtes Verhältnis zu dem Künstler-Vater vor Augen geführt  wird.

#“geordnet hinterlassen…“(art77blog Nr.374)

 

Geordnet hinterlassen—wem, was, wie?

Komisches Monster“ 2022, Mixed Media. Links Original, 

rechts Schatten einer mit der Hand gehaltenen Plastik-Spitze.©️voncriegern 2022

Irgendwann machen sich Künstlerinnen und Künstler Gedanken,  was mit ihren Arbeiten in ihrem zweiten Leben geschen wird und was sie aktuell dazu beitragen können.

Meine Fragen führten rasch zu einer Antwort, die zwar Ordnung garantiert, die man als Produzierende aber nicht leisten kann: ein #Werkverzeichnis. Selbst wenn man jeden Schnipsel aufhebt und schriftlich dokumentiert, ergibt das kein Werkverzeichnis! Wir können zwar mitwirken, aber das eigentliche, für Außenstehende gedachte Verzeichnis konzipieren und erstellen andere. Man geht davon aus, dass nur sie das erforderliche Urteilsvermögen und das Wissen über das System Werkverzeichnis haben. Wenn es stimmt, daß im Allgemeinen nur 10% der Produktion in ein WV aufgenommen werden, kann man sich das vorstellen. Wie schwierig das heute ist, zeigt das kleine Spiel, das ich mit der Zeichnung ganz oben gemacht habe. Das Original ist das klassische und grundsätzlich geeignete Objekt für ein WV. Wie gesagt, darüber kann und soll ich nicht entscheiden, Aber wie sieht es mit den Varianten aus? Sie existieren nur als digitale Fotos, nicht als Materie (das zweite Foto).

Persönlich sehe ich mich noch in einer Sackgasse, habe ich doch selbst Kunstgeschichte studiert, um letztlich auch eine gewisse Urteilskraft und Kompetenz zu haben. Das ist sicher nicht falsch gewesen, aber einem oben beschriebenen Werkverzeichnis nicht dienlich.

Meine Bücher und Kataloge sind hilfreiches Material. In ihnen habe ich die laufende Produkt gesammelt und geordnet. Sie ersetzen aber ein WV  auf keinen Fall. Sie ordnen, aber höchst subjektiv.

Mein Fazit ist dennoch optimistisch. Ohne daß ich eine Verwirklichungsvorstellung hätte, werde ich mit meiner zukünftigen Produktion bei aller Verspieltheit so etwas wie Verantwortung für eine „höhere“ Ordnung übernehmen. Das müsste eigentlich auch das Ver- und Wegwerfen beinhalten, aber damit tue ich mich im Moment noch sehr schwer!

#Die Suchwörter „Werkverzeichnis, künstlerisches Werkverzeichnis“ führen  zu der aktuellen Diskussion (u.a. auch auf YouTube.)