Daniel Knorr spricht über seine „Depression Elevations“ (Stills aus einem Video des SWR)
Man kann sagen, dass Daniel Knorr vieles von Olaf Metzel gelernt hat: Kunst soll die Gesellschaft abbilden, aber auch aufrühren- Kunst muss in den öffentlichen Raum! Metzels Verformung großer, bedruckter Alubleche sind unübersehbar Modelle für Knorrs „ Canvas Sculptures“. Seine raffinierten Polyurethan- Reliefs betören durch ihre Hochglanz-Bonbon-Farben und greifen mit Kunstgeschichts-Zitaten auf „überholte“ Tafelbild-Konventionen zurück. Verglichen mit Metzel hat Knorr die moderneren „Vibes“: neugierig, offen für alles; sprühend vor Einfällen , Mutwillen und Spaß: ich will „alles anders“ und „ich möchte nicht langweilen“ sagt er im
Interview mit dem SWR vor seinen abgeformten Oberflächen und Pfützen in ihren leuchtenden Buntfarben.
Höchste Bewunderung nötigt mir seine geradezu explosive Kreativität beim Reagieren auf gesellschaftliche Befindlichkeiten der Zeit ab. Bewunderung aber auch für sein Gespür was den Zeitgeist der Kunst angeht. Widerstandslos fügen sich seine spektakulären Projekte und die Erwartungen der Kunst-Kritik und Kuratoren ineinander. Ob es um die Bewertung seiner Abschluss-Arbeit „Powder“ mit 500 Gramm beschlagnahmten Kokains unter Panzerglas und 2 Polizisten (1994), schwarze Sturmmasken für Denkmäler, die Farben sprühende Autowaschanlage, den leeren rumänischen Pavillon auf der Biennale oder den weißen Nebel bei der Documenta 14 in Kassel geht, glaubhafte Kritik kommt nicht auf. Kuratoren, Kunsttheoretiker, Journalisten übertreffen sich in Interpretationen. Die Katalogbeiträge zur Tübinger Ausstellung von Frank-Thorsten Moll, Li Zhenhua und Adam Szymczyk sprechen dafür. Dass die Kuratorin und Organisatorin Nicole Fritz als Leiterin der Kunsthalle in ihrem Beitrag mehr Ausstellungs- und Künstler-bezogen bleibt, ist wohltuend. Würde man nur die drei anderen Autoren lesen, wäre sicher das Gefühl der Befremdung angesichts der tatsächlichen Ausstellung naheliegend. In der durchaus zu recht als „meisterlicher Coup“ (SWR2) gefeierten ersten „institutionellen“ Werkschau des Künstlers dominieren freundlichere #Töne. Sie beweisen, dass er in erster Linie ein souveräner ästhetischer Spieler von höchstem Format ist und nicht nur Gesellschaftskritik oder Kuratoren-Ideen „materialisiert“. Der jugendlich ‚hippe‘ Katalog leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
# bis 22.Sept. 2020
# art77blog.axel-von-criegern.de Nr.249
# Olaf Metzel # „Kaffee, Zigaretten, Zeitung“, 2013 #Documenta 14, 1917. # der rumänische Pavillon auf der 51.Biennale 2005 #Kurator*innen #Nicole Fritz #Polyurethan #Pfütze #“meisterlicher Coup # SWR2 #„institunial exhibition“
English Summary
The Kunsthalle Tübingen is showing the first „institutional“ exhibition of the Rumanian-German artist Daniel Knorr. Knorr became known through his spectacular contrbutions to the last Biennale Venezia and Documenta Kassel/ Athens. The director of the Kunsthalle Dr.Nicole Fritz curated this important show herself. Knorrs polyurethan, bright color sculptures dominate. The sprayed canvasses in a central room result from a spectacular performance at the Basel art fair. A big red car wash was ‚abused‘ as huge air brush and sprayed layers of bright colors on car-models constructed from canvasses in various shape and size. This belongs certainly to the philosophy of the 51 years old artist, who never ever wants to be boring. How successful he realizes this program shows the Tübingen exhibit and the very hip catalogue.