Mein abstrakter Lebensbaum (Art77blog.axel-von-criegern.de. Nr.341)

 

Von afrikanischer Kunst habe ich keine Ahnung. Als ich meinem Freund Michele Facchino , dem Bogenbauer und Tausendsassa meine 18 cm hohe Buchsbaum- Säule zeigte, mischte sich ein Gitarrenbauer aus der Nachbarschaft ein und raunte „afrikanische Lebensbäume“. Bis dahin hatte ich meine Arbeit weder mit einem Baum noch mit Leben in Verbindung gesehen. Die Holzform war vorgegeben und ihr folgte ich beim Schnitzen. Aber jetzt war ich natürlich gespannt darauf, was sich hinter dem Wort ´Lebensbaum ` verbirgt.

Auf die afrikanischen Holz-Skulpturen bezogen, meint es übereinander aufgereihte Figuren von Ahnen, die für die Menschen dort höchst lebendig und gegenwärtig sind, auch wenn sie schon lange tot sind. Solche Stücke kann man sich nur im Ahnenkult vorstellen. Heute werden sie wohl hauptsächlich als ´Touristenware ´ hergestellt und gehandelt (s. Foto unten).

Das Christentum kennt ebenfalls Lebensbäume. Und zwar in einem breiten Bedeutungsfächer. Da ist der Lebensbaum als kosmisches Symbol aus dem die vier Lebensflüsse entspringen. Die Ursünde ist ohne den Baum der Erkenntnis, von dem Eva einen Apfel pflückt, nicht vorzustellen. Es gibt Darstellungen, auf denen sich Baum und Kreuz (Kreuzigung) verbinden. Nicht zu vergessen sind die unzähligen Varianten des Symbols für den dekorativen Gebrauch auf Textilien und Gebrauchsgegenständen aller Art.

Es ist ist immer wieder spannend sich die kulturellen Verflechtungen von Bild-Symbolen vor Augen zu führen, aber hier hat mich noch etwas anderes interessiert. Ich folgte bei meiner Arbeit  jener rätselhaften Weise, die ja jede Künstlerin und jeder Künstler für sich ausbildet und die sich stetig weiter entwickelt; eine Methode, die sich entsprechend angepasst, bei allen Materialien und in allen Dimensionen bewährt. Am „ehrlichsten“ arbeite ich, wenn ich ohne Thema und Ziel vorgehe. Ich hatte auch bei dieser Figur noch keinen Gedanken an Bedeutungen einzelner Formen verschwendet. Thema und Ziel war eine gute Arbeit zu leisten, letztlich die beste. Das Wort „Lebensbaum“ veränderte meine Wahrnehmung völlig. Ich konnte mir erkennbare, gegenständliche Elemente vorstellen, die thematisch zusammenhängen. Es würde nur kleinerer „chirurgischer“ Eingriffe bedürfen. Allerdings werden diese ebenfalls den genannten künstlerischen Gesetzen unterworfen sein. Ob das Ganze dadurch besser wird, weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall bekam die Arbeit jetzt noch einmal eine neue Dimension.

I have no idea about African art. When I showed my 18 cm high boxwood column to my friend Michele Facchino, the bow maker and jack of all trades, a guitar maker from the neighborhood intervened and whispered “African trees of life”. Until then I had not seen my work connected to a tree or to life. The shape of the wood was given and I followed it while carving. But now, of course, I was excited to find out what is behind the word ‚Tree of Life‘.

Related to the African wooden sculptures, it means figures of ancestors lined up one on top of the other, which are very much alive and present for the people there, even if they have been dead for a long time. Such pieces can only be imagined in ancestor worship. Today they are probably mainly manufactured and traded as ‚tourist goods‘ (see photo below).

Christianity also knows trees of life. And in a wide range of meanings. There is the tree of life as a cosmic symbol from which the four rivers of life spring. Original sin is inconceivable without the tree of knowledge from which Eve plucks an apple. There are representations on which the tree and the cross (crucifixion) are connected. Not to be forgotten are the countless variants of the symbol for decorative use on textiles and everyday objects of all kinds.

It’s always exciting to visualize the cultural interdependencies of pictorial symbols, but there was something else that interested me here. In my work, I followed that enigmatic way that every artist develops for himself and that is constantly evolving; a method that is appropriately adapted and proven for all materials and in all dimensions. I work most „honestly“ when I proceed without a topic or goal. I hadn’t wasted any thought on the meanings of individual shapes in this figure either. The theme and goal was to do a good job, ultimately the best. The word „Tree of Life“ completely changed my perception. I could imagine recognizable, representational elements that were thematically related. It would only require minor „surgical“ interventions. However, these will also be subject to the artistic laws mentioned. I don’t know if that will make things any better. But in any case, the work now took on a new dimension.