Gibt es die plastische Zeit? (Art77blog.axel-von-criegern.de; Nr.425)

Hier ist mir ein  verführerischer Ausdruck zugefallen, der nach moderner Physik klingt. Dabei habe ich an etwas anderes gedacht.Ganz anders als beim Zeichnen, oder sagen wir besser skizzieren erfordert die plastische Arbeit mit einem härteren Material, wie z.B. der lange gelagerte Nußbaum, viel Zeit. Und auch das muß sofort relativiert werden. Wenn ich den Nußbaum grob spalte und säge und mit dem Ergebnis rasch zufrieden bin, trifft das schon nicht mehr zu. Ich muss meine Behauptung an meinen gegenwärtigen Erfahrungen festmachen!

Weil ich keine Maschinen verwende um das langsame Klären der Form bewußt zu begleiten, ziehen sich die Produktionszeiten in die Länge. Der Vorteil ist der intensive Austausch von Vorstellung und Produktion (Schnitzen). Es ist also nicht so, dass die Zeit handwerklich, d.h.beim Herstellen eines ´Stückes’ verbraucht wird, sondern ohne definiertes Ziel beim Schnitzen “verrinnt”. Hier komme ich zur Vorstellung, dass Zeit beim Schnitzen entsteht. Zeit bedeutet dann, dass jeder Schritt nicht nur Zeit, sondern seine eigene Zeit hat. Diese Zeit ist untrennbar mit der Form, dem sich verändernden Material (Form) verbunden. So gesehen gibt es eine “plastische Zeit”. Wahrscheinlich verhake ich mich hier in einer schon bestehenden Zeit-Theorie. Schon der Gedanke an ein Blatt, das vom Baum fällt oder ‘segelt’, läßt an Galileo denken. Möglicherweise geht es bei meiner Beobachtung um die erlebte Zeit beim Schnitzen und nicht um die Fertigung eines Produkts.

#art77blog #Holzschnitzen #Produkt #Zeit #Material #Nussbaum #”Wie geht Kunst?”axel von criegern,  2019 #Ziel # Form.

 

 

„l‘art pour l‘art“ (art77blog.axel-von-criegern Nr.320)

 K no

#„L‘art pour l‘art“ hört man als Künstlerin oder Künstler nicht so gern. Es klingt abschätzig im Sinne von „sagt nichts aus“ oder „#formale Spielerei“. Dabei war das zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Kampfruf quer durch alle Künste: Man sollte über #romantisches Schluchzen, #heroische Posen und blutleere #Antiken-Kopien ja nicht die den #Künsten eigenen #Materialien, #Mittel und #Techniken vernachlässigen. Rückblickend war das eine Forderung, die auch heute noch Bedeutung hat.So wurden z.B. unter dem Titel „#Pure Form“ im Januar/ Februar 2021 Arbeiten des „ #New Bauhaus“, des #„Black Mountain College“ und der „#minimal art“ in der New Yorker #Galerie Zwirner gezeigt.

Ganz pragmatisch ist das eine in jeder #künstlerischen Arbeit neu zu lösende Aufgabe. Bei meiner aktuellen plastischen Arbeit in #Holz drohte der Gegenstand, die Figuren, von der kontrollierten #Material-Formung abzulenken. Das heißt nicht automatisch plastisch schlechter zu werden, aber zumindest die #Spannung abzuschwächen. In der jüngsten Arbeit habe ich die Spannung durch das Stehenlassen #ungegenständlicher Teile zu halten versucht. 

Im Falle meiner täglichen Zeichnungen habe ich neben den #leichten und #flüssigen Blättern bewusst die tiefer liegenden #Strukturen zu erreichen versucht (s.Foto). Diese Spannung zwischen beiläufig-leicht und kontrolliert-fest sollte, unabhängig vom individuellen Schwerpunkt, immer wieder gesucht und beobachtet werden.

Artists don’t like to hear “L‘art pour l‘art”. It sounds disparaging in the sense of “says nothing” or “formal #gimmick”. At the beginning of the 19th century it was a battle cry across all arts: one shouldn’t neglect the materials, #means and #techniques inherent in the arts when talking about #romantic sobbing, #heroic poses and bloodless copies of #antiquities. In retrospect, that was a requirement that is still important today. For example, works by the “New Bauhaus”, “Black Mountain College” and “minimal art” were 2021 in the gallery Zwirner N.Y.shown.
Quite pragmatically, this is a task to be solved in every artistic work.
In my current sculptural work in wood, the object, the figures, threatened to distract from the controlled material formation. That does not mean automatically becoming plastically worse, but at least weakening the tension. In my most recent work I tried to keep the tension by leaving non-representational parts.
In the case of my daily drawings, in addition to the light and fluid sketches, I consciously tried to reach the deeper structures (see photo). This tension between casual-light and controlled-firm should be sought and observed again and again, regardless of the individual focus.