“Komm ins Offene“ (Für Karin Sander) ©️Voncriegern 2021
Warum war ich während und nach dem Besuch der „Office Works“ von #Karin Sander in der Kunsthalle Tübingen euphorisch , während Freundinnen, die sich aus einer Gruppenführung herausstahlen, flüsterten, sie könnten damit überhaupt nichts anfangen.?!
Der amerikanische Autor (Filmemacher, Maler,Schauspieler) John Waters hat einen Beitrag zu den „Office Works“ verfasst, der über QR-Code, die die Hauptwand der Kunsthalle beherrschen, zu hören ist. Dieser Text liefert herrliche Anstöße um die poetische Ästhetik zu verstehen, die K.S. trivialem Büromaterial abgewinnt.
Eine andere Passage dieses Textes hat mich ganz tief innen erwischt: „Die eher kunstferne, allgemeine Öffentlichkeit könnte Karin Sander für eine Verrückte in einem Schreibwarenladen, die Artikel für Bürobedarf hortet (…) oder für eine Putzfrau, die nach Dienstschluss die Papierkörbe der Angestellten durchwühlt und die Fehler des vergangenen Arbeitstages kidnapped(…)halten, aber für die anderen, für uns, die Kunstsammler mit einem Sinn für Humor, die Kuratoren, die Schönheit sehen, wo andere blind sind oder die Kritiker, die das Magische zu erkennen vermögen, ist Karin Sander eine großartige Künstlerin, deren Low-Budget-Büro-Zeichnungen gottvoll sind brüll-komisch,sexy und tief durchdrungen von historischer Disziplin…“
Was mich da tief trifft hat primär gar nichs mit Karin Sander und ihrer Kunst zu tun. In meiner Erziehung wurde alles getan um mir beizubringen, dass man sehr wohl das Höchste von sich verlangen muss, ohne dabei auf andere herabzublicken. Höre ich jetzt den guten John Waters, dann ist das im Sinne dieser Erziehung unverzeihlich anmaßend. Dabei benennt er exakt das, was mir in der Kunsthalle passiert ist. Im Sinne Waters bin ich für die befreundeten Damen einer der anderen. Warum mich das trifft? Weil ich immer wie alle sein wollte, das „anders sein“ nicht als persönliche Qualität, sondern letztlich als etwas zu Überwindendes verstand. Eigentlich erst jetzt, in der letzten Lebensphase, bin ich bereit das alles als mein persönliches anders sein zu akzeptieren. Vielleicht sogar noch in seiner besonderen Qualität zu respektieren?!
In der Kunst Karin Sanders begegnet mir ein mutmachendes Modell. Die Themen werden mit einer gut gelaunten Gnadenlosigkeit durchgepaukt, ohne darauf zu schauen, ob das überhaupt jemanden interessiert. Und das alles mit einer beeindruckenden Souveränität. „Uns“, den Künstler/innen, die nicht diese göttliche Begabung haben, zeigt sie Wege ins „Offene“. Das sind Wege zur Überwindung der selbst gesteckten Grenzen. Und das gilt auf Dauer und jeden Tag. Das ist doch etwas?!?!
English Summary
I did have the chance to see the „Office Works“ of Karen Sander in the Kunsthalle Tübingen. It made me really happy. The author, actor,painter John Waters wrote a wonderful essay which as QR-Code appears at the major show wall of the Kunsthalle. In the text is a passage that touched me deeply. That has to do with the special qualification required from the visitor of the brilliant show. Water makes a decisive difference between „us“, the art collectors, curators, criticists and the common people who can’t appreciate the special art of the „Office Works“. What hits me is exactly this somehow elite consciousness. I didn’t learn that in 81 years. But I must concede that there must be a difference between professional and average art approach. But I was not educated to think in terms of high and low which I read in Waters text. Sander shows a charming carelessness on this behalf, that makes me feel good!
#Kunsthalle Tüngen: KARIN SANDER. 27.03.2021-04.07.2021