Bach-Blech ( Nr. 141)

Offset-Blech, geschnitten, verformt, bedruckt und beschrieben.©avc

Unter dem Titel „Bach- I did it my way“ habe ich  zum selben Thema einen kurzen Film bei YouTube in meinen account ‚ Axel von Criegern’, eingestellt.

Bei der künstlerischen Arbeit höre ich, wie viele andere auch, gern Musik. Johann Sebastian Bach (  1685- 1750) gehört nicht dazu. Als sich aber 8 Künstler*innen des Tübinger Künstlerbundes zusammentaten, um für eine Ausstellung Bach zu bearbeiten, fühlte ich mich dennoch (oder deswegen?) angesprochen. Zumindest eine gute Gelegenheit um darüber nachzudenken, warum ausgerechnet Bach nicht?  Seine Musik und ihn selbst als historische Persönlichkeit empfand ich immer als wenig anregend, humorlos und „lutheranisch“. Für eine künstlerische Auseinandersetzung ein ziemlich harter Brocken. Verblüffend waren die Aussagen von Freunden*innen , dass für sie Bach der Größte sei. Ich hatte mich als Banause ge-outet. Also: viel hören, lesen und vorsichtige Annäherung. In unserer bescheidenen CD-Sammlung fand ich immerhin die ‚Brandenburgischen Konzerte’ und die Suiten für Cello. Ein großes Erlebnis war dann, dass und wie sich Bach allmählich in meiner Arbeit ausbreitete. Ich achtete verstärkt auf Planung, Systematik und Sorgfalt. Je mehr ich mich von meinem Vorurteil entfernte, umso mehr schmolzen Musik und meine künstlerischen Formen zusammen. Seine unstillbare Lust am Variieren wirkte ansteckend, wenn es um das Treiben und Punzen von Metall ging. Ich verzichtete zum Schluss auf Farbe und blieb bei plastischen, feinteiligen Variationen. Das Material, Struktur,Rhythmus und das Spiel des Lichts bilden einen Teppich, den ich mit dem Strömen Bach’scher Klänge verband. Die vorläufig letzte Arbeit ( s.Bild) zeigt, dass sich Strenge sehr wohl mit Lust am Übermut verbinden kann. Ich hatte gehofft, dass die auf einer Druckplatte gefundenen Noten zu Bach passen würden. Das taten sie allerdings nicht. Dass sie aber aus einer  Messe des Bach-Wiederentdeckers Felix Mendelssohn-Bartholdy stammen, ist doch auch eine Pointe!

English Summary 

I am not a natural freak of Johann Sebastian Bach and his music. But studying together with a group of   artists his music on behalf of an exhibition, I listened fore some month ‚Bach‘. Suites, concerts, songs, all kind of church music. When I tried to practice my newly acquainted knowledge in cutting, punching and folding  metal sheets, my work became more elaborated, geometrically straight. I felt a strong impact and enjoyed it. Thank you Johann Sebastian!

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Mein steiniger Weg zu Johann Sebastian B. (Nr. 118)

Bach intim. My brushes. ©AVC 2018
Bach-Blech; Arbeitsfoto. ©AVC 2018

Seit Wochen geistert J.B. Bach in meinem Kopf herum. Offensichtlich etwas leichtsinnig habe ich mich für eine Gruppenaustellung im Rahmen des Tübinger Bachfestes 2018 gemeldet. Nach dem Motto „ich höre beim Arbeiten sowieso immer Musik…“ hatte ich mir dabei nichts böses gedacht.  Nach einigen Recherchen und zeichnerischen Annäherungen, die aber nicht vielversprechend waren, habe ich es mit meinem strukturalistischen  „Hauptprogramm“ versucht.

Zwar fühle ich mich jetzt redlicher und seriöser, aber keineswegs auf der sicheren Seite. Vorgestern habe  ich wie oft ein Blechbild ohne inhaltliches Thema ausser dem Vorsatz ein gutes Bild zu schneiden, begonnen. Gestern habe ich dann nach einem kurzen Gespräch  mit einer Bach-begeisterten Freundin versucht beim Schneiden an Bach zu denken und dabei die Sonaten 3 und 4 für Violincello gehört. Aber das Schneiden und das Hören verbanden sich nicht und fanden nicht zueinander. Heute Vormittag habe ich auch noch eine befreundete Pianistin zu ihrer Bach -Meinung befragt. Sie reagierte fast ehrfürchtig vor der ungeheuren Leistung des Meisters. Er sei „zeitlos“. Dabei ließ sie durchblicken, dass mein Musikverständnis wohl letztlich über die jugendliche Romantik-Begeisterung nicht weit hinausgekommen sei.

Nachmittags im Atelier 3 Stunden Blech und 3 Stunden Bach -die Brandenburgischen Konzerte 4,5,6. Drei mal angehört. Die Konzerte gewannen stellenweise Ohrwurm-Qualität; andere Passagen klangen plötzlich unerwartet modern.Meine Schnitte begannen den Rhythmus aufzunehmen. Sie machten ihn sich zu eigen. Als ob das Blech auf die Bachschen Frequenzen antworten würde. Wahrscheinlich ist das schon wieder ein romantischer Zugang. Morgen wird sich zeigen, ob das Ganze nicht ein „Wunschkonzert“ war. Mein Weg zu JSB ist jedenfalls im biblischen Sinne ganz schön steinig und dornig. Aber das soll ja der Weg der Tugend sein.

English summary

Art doesn‘t come easy! I applied for a show with the subject „Johann Sebastian Bach“. Once admitted I realized soon how difficult the work would be. My first approach after some research was an illustrative one- and I failed. This is more stuff for an essay but not for a show referring to one of the giants of music history. Next I tried to work cutting metal sheets for a kind of relief, a technique, which I had practiced already a couple of times before. Something amazing happened while I listened to the „Brandenburgische Konzerte“. Between metal and Bach a spiritual relation seemed to grow. The result was far away from satisfying, but I had the feeling to come closer to the music. So I will go on studying Bach as a plumber.

 

Raum und Bildraum (Nr. 100)

 

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Anlässlich einer Ausstellungseröffnung ging es u.a. um die „Abwesenheit des Menschen“ auf den ausgestellten Bildern von 3 Künstlerinnen.(1). Das regte mich dazu an mich selbst über meine eigene Einstellung zu Figur, Raum, Platz zu befragen. Ich machte mit dem mir im Blut liegenden ´visuelle Denken´  Notizen, Skizzen, Zeichnungen.

Die farbige Skizze entstand als ich aus dem Fenster eine kleine Gruppe, die vor dem benachbarten Teeladen gelegentlich  musiziert und das sich auf der gegenüberliegenden Strassenseite versammelnde Publikum beobachtete. Hier entstand ein Raum durch die Aktivitäten des Musizierens und des Zuhörens, Tanzens oder Weiterbummelns. Als sich diese Situation aufgelöst hatte, versuchte ich die raumbeschreibenden Linien mit einem Grafitstift zu erfassen.Interessant ist wie rasch sich dabei Eindrücke eines aus einer Fotografie extrahierten Liniengerüsts einstellen.

Meine Versuche die Sprache zur Klärung heranzuziehen, waren interessant, aber für meine Fragestellung nicht weiterführend. Dennoch stieß ich auf erhellende Unterschiede;  „Volk ohne Platz“ entlarvt das Pathos von „Volk ohne Raum“. Allerdings können Plätze vor allem der politischen Erinnerung mit gewaltigen Gefühlen aufgeladen sein.

In meinem künstlerischen Alltag kann ich mit einem Begriff von Raum, der diffus und offen ist, leben. Das ist wohl auch durch sich im Laufe der Zeit wandelnde Untersuchungen und Vorstellungen von Dimensionen, Zeit, Universen, Geschwindigkeit beeinflusst. Dagegen ist ein Platz begrenzt, flach,  masstäblich und perspektisch darstellbar. An dieser Stelle stieß ich allerdings auf Erwin Panofskis frühe Überlegungen aus den 20 Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zur „Perspektive als symbolische Form“. Und da hört die Einfachheit schon wieder auf.(2) So bildet sich dann mein diesbezügliches Grübeln ab.

Es bleibt dabei, daß ich durch und durch Ikonologe und Strukturalist bin! Sozusagen immer noch auf der Linie der klassischen Moderne seit der Auflösung des Lichtkontinuums durch Turner und die Impressionisten, über den Kubismus bis zum Bauhaus und Folgen. Wie in einem offenen Buch finde ich diese Entwicklung bei Piet Mondrian vom frühen Apfelbaum bis zu einem Victory Boogiewoogie zusammengefasst. Völlig entspannt  malte ich noch am selben Tag dieses kleine Aquarell zum Thema Raum. Und zwar ohne theoretischen Rückhalt!

(1)“Ausblicke“- Carola Dewor, Hannelore Fehse, Johanna Jakolwlev, Zehntscheuer Rottenburg a.N., 17.09. bis 12.11.2017. Einführung Dagmar Waizenegger

(2) Erwin Panofsky: Die Perspektive als „Symbolische Form“. In: Vorträge der Bibliothek Warburg 1924/25. Leipzig/ Berlin 1927

English Summary

As an artist Raum/space is somehow unlimited and unstructured for me.Practising drawing and painting you run into the question of perspective. Erwin Panosky liberated us in the twentier years of the last century from perspective as artistic dogma. And it were artists as Turner, the impressionists, cubists and the Bauhaus going this way even earlier. I consider myself as Iconologist and Structuralist and show my approach to the matter in a few scetches.