Ein Erlebnis
Im Vorraum einer Bank stand ein Kindercomputer. Als ein Kind, das gerade davor saß, fertig war, probierte ich das Malprogramm aus. Und wieder war ich begeistert über das „Menetekel“, die aus dem nichts auftauchenden Zeichen in der gewählten Farbe und Strichstärke.
Seit meinem 15,/16. Lebensjahr tauchen diese Zeichen auf (Vergl. art77blog, 17.Juli 2017: „Siebzehn Jahr…“). Natürlich haben sie sich im Laufe der Jahre gewandelt. Vor Jahrzehnten habe ich diesen Zeichen Autonomie zugestanden und in einer großen Ausstellung gefeiert („Vor-Bilder/ Vor-Schriften“;Zehntscheuer Rottenburg, 1996. Mit gleichnamigem Buch)
Angeregt durch das Erlebnis mit dem Kindercomputer zeichnete ich ein kleines Bild mit einem schwarzen Marker als Test und trug im folgenden Farben mit Buntstiften auf. In dieser Phase bekam ich von Jürgen Wertheimer einen wunderbaren Text aus einem gerade entstehenden Buch zum Thema „Zwischen Text und Bild: Künstlerische Grenzgänger.“ zur Verfügung gestellt. Dieser Text über Cy Twombly wird ein Kapitel dies Buches sein. Vor allem Wertheimers Betonung der absoluten Autonomie der Zeichen, die zu nichts in Beziehung stehen, auf nichts verweisen und für nichts stehen, hat mich begeistert: „So sollte man diese Bilder vielleicht auch als eine Art Theater der Zeichen nehmen (…) wir sind Beteiligte, wie im antiken Theater. Aber nicht wie im Theater am Geschehen der Handlung, sondern am Geschehen des Materials(…) als Akteure,als Hauptdarsteller in einer Komödie der Farbspiele, Formgebungen, Rhythmisierungslust.“ Und da sind auch noch die „spielerischen Gefühle“, die Wertheimer in Bezug zu Schillers Ästhetische Erziehung des Menschen stellt: „Keine bissige Mythendekonstruktion, kein rigider Illustratismus, sondern die fast kindlich unbefangene Mutwilligkeit die Zeichen von den straffen Seilen, die an fixe Bedeutungen binden, lösen, zu befreien, zumindest für einen Moment.“
Verglichen mit Twomblys Zeicheneruptionen kommen meine Zeichen- Texte bieder daher. Sie zieht es zur Schrift und zugleich zum Bild. Sie haben zwar auch keine Bindungen an Bedeutungen, sind aber nicht von sich gelöst. Im Gegenteil, wie von einer Kompassnadel geführt, drängen sie zu einer Einheit von Text und Bild wie zu einem Ort der Verheißung. Dabei schlägt mein Weg von der Kunst zur Kunstgeschichte und im besonderen der Ikonologie und Didaktik durch. Und in diesem Zusammenhang hier ist wichtig,-daß ich eigentlich meine Dissertation über Piet Mondrian schreiben wollte., mich aber aus verschiedenen Gründen nicht durchsetzen konnte. Der arme Jan Steen hats dann zu spüren bekommen.
Unter dem Einfluss der Twombly- Lektüre habe ich heftig über das kleine Zeichenbild radiert, was den Zeichen etwas von ihrer Rigidität nahm und einen Moment des Schwebens gab. Jetzt erinnerte ich mich an frühere Versuche und habe eine weitere Replik der Zeichnung über einen frottierten (durchgeriebenen), strukturierten Grund, der lediglich durch den Papierabriß begrenzt war, gelegt.
Wie es auch immer weiter geht, Wertheimer-Twombly haben mich im Vertrauen auf meine Arbeit bestärkt. Danke, Grazie!
Vergl. weiter art77blog, 29.Juni 2017 „Computer, Pixel und die Welt als Zeichen“ und 4. Juli 2017 “ Zeichentexte“.
English Summary
From my teenage days on I emploid signs and symbols in my pictures (s. art77blog „17 Jahr…“ July 17, 2017). Often they look like letters, but they are not. They stand for themselves. Reading an essay of Jürgen Wertheimer about Cy Twombly („Lingering at the threshholdbetween word and language“) I learned a lot about the indipendence and selfreference of the signs in Twomblys paintings. That made me understand my own „lettering“ much better.