Ich kann meinen Mahagony-Block nicht ewig wie ein Relief bearbeiten! Ich muss um die Ecken und das bedeutet in Richtung Rundumplastik weiterdenken. Nun ist das nicht gerade ein neues Problem und auch nicht das einzige beim Bearbeiten eines Blocks. Bisher war für mich die organische Methode Henry Moors wegbestimmend, aber an diesem Block empfand ich die eine bearbeitete Seite als Einbahnstraße. Ich erinnerte mich an das Bild des sinkenden Wasserspiegels, der die Skulptur sichtbar werden lässt. Das war doch Michelangelo?! Mit wachsender Anspannung habe ich in den vergangenen Tagen in meinen Büchern eine Quelle gesucht. Schließlich gelangte ich im Internet auf Umwegen zu einem Ausstellungs-Katalog, der nicht nur meine Fage beantwortete, sondern zusätzlich mir völlig neue Aspekte brachte: „Michelangelo Schultern: Last, Kraft, Bild in Skulptur und Fotografie.“ Gegenstand waren Arbeiten von Dietrich Heller, Emma Critchley und Althar Jabe (Gerhard Marcks-Haus, Bremen 2013). Der Direktor des Gerhard-Marcks-Hauses, Arie Hartog klärt in der knapp gehaltenen Einführung u.a. auch meine Frage. Die Wasser-Metapher stammt nicht von Michelangelo, sondern von Vasari, der in seinen „Viten“ mit diesem Bild die Arbeitsweise Michelangelos beschreibt. Michelangelo bearbeitete auch keineswegs nur einen Block von einer Seite. Dennoch hielt sich die falsche Zuschreibung unterschwellig bis heute. Eine Rolle spielte dabei auch Johann Joachim Winckelmann mit seinen „Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“, Dresden 1755). Was gilt ist die Tatsache, dass Michelangelos Skulpturen immer eine Hauptansicht haben, die das Thema deutlich präsentiert. Andere Ansichten der Figur können für uns heute spannender sein, lassen aber das Thema nicht erkennen.
Und wie ist es mit der Rundum-Ansicht? ich verstehe jede Seite als ein Kapitel des ‚Dramas‘ Skulptur. Die Ecken des Blocks sind jeweils ein eigenes Thema, das zur nächsten Ansicht überleitet. Bei diesem Block sah ich das Problem, dass ich mich zu sehr in die Anfangs-Seite vertieft hatte. Es gibt zwar schon in die Tiefe gehende Höhlungen,aber ohne eine Verbindung zu den anstehenden Bearbeitungen. Deswegen meine geradezu panische Frage nach dem „Rundum“. Bei früheren Arbeiten habe ich im Sinne Moores die Hohlräume zum gleichwertigen Thema der positiven Aussenformen mit gedacht. Das habe ich hier versäumt und sehe mich mit einem ‚Michelangelo‘ -Problem konfromtiert. Jetzt gilt, was Giorgio Vasari in seinen Künstler-Biografien häufig verwendet hat: „fatica“ und „difficolta‘ “. Warum sollte es bei mir ohne Mühe und Schwierigkeiten gehen?
English Summary
With my actual sculptural work I felt threatened by a ‚ dead end‘. The material is a heavy, hard edge mahagony block. I started with one side. It was like looking for a perfect beginning, working unusually carefully. In the last days I realized that 3 more sides, lid and bottom are waiting. I remembered a metaphor that Giorgio Vasary used for Michelangelos way of sculpturing. He spoke of the sculpture that emerges in water. Michelangelo didn’t work so, but it’s a nice image. The problem is to connect the other sides of a block with the first side. My concept is something like a story, a drama. From Henry Moore I learnt the inner, negative sculpture. In my actual situation I have to combine the all round concept and the „cave“ concept. Vasari wrote about „fatica“ and „difficolta‘“ of the artists work. Why should it be easier for me?!