„Fremd -Schreiben“ (art77blog.axel-von-criegern.de, Nr.281)

Zur Erinnerung: Über mehrere Wochen (posts) habe ich mich in das Thema der Graphic Novel gekniet. In diesem Bild kommen mehrere der dabei gewonnenen Erkenntnisse zum Tragen.

Gegen die ‚Versuchung’ des Illustrierens hilft nur die Konzentration auf die Bildstruktur und auf die grafischen Elemente . In meinem Fall ist es ein den Schriftzeichen verwandtes „Graphem“.
Die Seiten des ‚grafischen Romans‘ werden nach den Bildvorstellungen der jeweiligen Autor*innen strukturiert. Ich baue gern Spannungen auf und entwickle im Zusammenwirken der bewusst getrennten Bildteile das eigentliche Bild. Diese Spannungen sind mutwillig in Kauf genommene Herausforderungen. Mir fiel dazu der Titel eines Films von Alexander Kluge ein: „Die Artisten in der Zirkus-Kuppel: ratlos.“ (1968). Es gibt kein Rezept, keine Regel oder Gesetz. Man ist völlig auf die eigenen Fähigkeiten und Erfahrungen angewiesen. Vorweg sind ja schon Entscheidungen zu Technik und Charakter/Stil gefallen. Der berühmt-berüchtigte richtige Moment (cairos), Lust, Lockerkeit, Stimmung hängt von sehr unterschiedlichen Faktoren ab. Ich helfe gern, wie jetzt beim Schreiben, mit einem Espresso oder Cappuccino nach.

DieZirkuskuppel

Der erste grosse „Absprung“ war von dem Element ganz rechts mit dem dunklen ‚Bild‘ in der Mitte, mit dem ich begonnen habe,in Richtung auf das als nächstes entstandene, lockere Element ganz links eine Brücke zu bauen. Der Abstand war unerträglich gross. Es entwickelte sich eine regelrechte Web-Arbeit . Eigentlich wollte ich nur in dem hellen Teil links etwas Farbe als dynamischen Kontrast zu rechts haben . Das ließ sich aber nicht halten. Also sprang die Farbe in einem munteren Spiel weiter. Das galt in gleicher Weise für meine Schriftzeichen. Nun ja, irgendwann war ich zufrieden, bzw. habe aufgehört.

Fremd-Schreiben

Für mein künstlerisches Dauerthema ‚Schift und Bild‘ bekam ich gestern noch einen sehr interessanten Impuls. Ein Büchlein der gefeierten Übersetzerin und Autorin Esther Kinsky heißt „Fremd-Sprechen“ (2013, Paperback-Ausgabe 2019). Wie gesagt, liebe ich Schriftzeichen als äthetische Elemente. Zwischen den Schriftzeichen und dem daraus entstehenden Ge-Bilde gähnt auch etwas Fremdes‘, Unbekanntes, Unsicheres. Die Schriftzeichen in einen ästhetischen Zusammenhang zu „übersetzen“ bedeutet Spiel aber auch höchste Anspannung, „Fremd-Schreiben“. Anders als bei einem Auftrag in der angewandten Grafik sind die Zeichen nicht mit der Vorgabe der Lesbarkeit zu verwenden. Sie können sozusagen bis zum Urgrund aller Schriften und Bildzeichen zurückgeführt werden. Es gibt genügend Beispiele für reine Punktbilder oder Texte, die sich über Körper bis zur Unleserlichkeit spannen.
Abschließend möchte ich mich für die Komplexität der hier angesprochenen Gedanken entschuldigen. Sie alle münden in meinem „spleen“ , dass Kunst ‚nur‘ ein Bereich der Kommunikation ist. Alle „Ikonoklasten“ (Bilderfeinde) mögen aufatmen und sagen : „ na siehste!“

English Summary.
With this picture I bring my venture Graphic Novel to an end. There were some negative experiences, but also new insights: My personal art tools are related to letters and stand for my dream of a united communication with art as part of it. Another item is my way to create pictures starting with a strong tension. Handling this tension is in a way fun but also pain. You feel and see that filling the gaps between the poles with life is fundamental for your art, but there exists no rule how to manage this
.