Der alternde Künstler als ‚ansehnliche Ruine‘.(art77blog.axel-von-criegern.de Nr.260)

„Eine ansehnliche Ruine“, Acryl auf Blech, 50x64cm,©️Axel von Criegern,2020

Natürlich muss ich dabei grinsen: Der Bildtitel lässt sich auch biologisch auf einen 81 -jährigen anwenden. „Ansehnlich“ lässt sich als medizinisch-mitteleuropäisch-gesellschaftliche Leistung übersetzen und „ Ruine“ als balancierter Zustand des biologischen Verfalls.
Künstlerisch wollte ich nach einer Phase des Überdrusses meinen mehr als #20-jährigen Umgang mit Blech durch eine „wilde“ Bemalung in Frage stellen-allerdings ohne die geringste Zielvorstellung. Auf halber Strecke (Fläche) sah ich das Desaster auf mich zu kommen. Mein Grundmotiv für meine Blecharbeiten, dreidimensionale Bilder zu schaffen und Dimensionen zu durchwandern würde durch das Aufschneiden der „wilden“ Malerei in einen ästhetischen Abgrund führen-weder Fisch noch Fleisch.
Wenn man den #Theoretikern des künstlerischen Spät-und Alterswerks Glauben schenken will, hänge ich noch zu sehr an Vorstellungen des fertigen, harmonisch ausgewogenen, gefälligen Werkes. Einem Alterswerk angemessen, genial und anständig wäre es die Arbeit ungelöst, fragmentarisch, letztlich „unschön“ zu belassen. Zu meinem (geistig-seelischen) Glück geht mir aber „Genie“ ganz ab und „anständig“ war von Jugend an ein Reizwort. „I did it my way“. Also versuchte ich mit meiner Genie-untauglichen Harmonie-Bedürftigkeit den Schritt in den Abgrund abzuwenden. Ich mobilisierte ein zweites meiner künstlerischen Grundmotive, nämlich das Gitter oder Raster. Es lohnt die Schritte der Bändigung durch das Raster, bzw. Gitter zu studieren. Hier ereignet sich das eigentliche Drama des Blech-Bildes und nicht in der ‚wilden‘ Malerei.
Als ich vorhin meinen Freund Don Quichotte (Buchhändler und Philosoph) von meinen Überlegungen zur Alters-Ästhetik berichtete, meinte er, diese Distanzierung sei doch ein wichtiger Anfang. Aber von verbleibender Zeit war nicht die Rede….

# meine wichtigste Quelle war Landkammer, Joachim: „A portrait of the artists as old (wo)men. Spätstile: der alternde Künstler und die alternde Gesellschaft (auf die Musik bezogen), in: Jansen,Priddat,Stehr (Hrsg.): Demographie: Bewegungen einer Gesellschaft im Ruhestand; multidisziplinäre Perspektiven zur Demographiefolgenforschung. Wiesbaden, VS-Verl. für Sozialwissenschaften,2005, S. 275-322.

#Vergl. Axel von Criegern „…alles Blech!“,Tübingen 2014

#Axel von Criegern: Dramaturgie eines Bildes. Auseinandersetzung mit Jan Steen (1626-1679) „Abfahrt von einem Wirtshaus“(Staatsgalerie Stuttgart),Giessen, Tübimgen 2004

#Axel von Criegern: Meine Bilder. Wasmuth 2009

English Summary

Öl in Is there something special and remarkable in the works of old artist, composers, authors? This is an important item of interdisciplinary discussion. When I had the feeling of a stand still in my daily artistic business this questions touched me quite personally. Should I continue my metal work as usual? I decided to try a „wild“ painting on an aluminium sheet. When I tried to cut the metal and transform it in a relief it was a dead end . Cuts and paint didn’t come together. From a very interesting paper (look above Landkammer) I learned that unfinished, works left ; (think of Michelangelo’s Pieta’ Rondanini) in an almost rude style are typically for old artists. Although I am now 81 I couldn’t stand that and finished the painted relief employing a different style for the rest of it (the grid). So I abandoned the chance to become a genius. But maybe I have some more days left to try it again!