Nach dem wunderschönen Foto im letzten Beitrag (art77blog Nr.247) habe ich mich in der „mimesis“-Diskussion verrannt. Alle Lockerkeit war dahin.Das grenzte an„Selbst/Dogmatisierung“. Zwei Bücher haben mir aus der Patsche geholfen. Das eine war das Reclam-Heftchen mit #Aristoteles „Poetik“ in der Übersetzung von Manfred Fuhrmann. Hier bekam die „#Nachahmung“ (mimesis) konkrete Hinweise zur künstlerischen Anwendung. Sie gingen deutlich über die Poetik i.e.S. hinaus bis zur Malerei (wörtlich nennt A. die Zeitgenossen #Polygnot und #Zeuxis). Ein zentraler Begriff ist das typisierte Menschliche, der „ #Charakter“. Er muss idealerweise hinter allen Darstellungen erkennbar sein.
Das waren hilfreiche Hinweise, aber der Kahn vergnügter Phantasie und Kreativität kam erst bei der Lektüre des zweiten Buches zurück ins Fahrwasser. Bereits 1979 wurde eine köstliche Geschichte von #Günter Grass als Reclam Heft veröffentlicht: „# Das Treffen in Telgte“. Auf Empfehlung des Freundes und Buchhändlers Wolfgang Zwierzynski (Literarische Buchhandlung „Don Quichotte“) kaufte ich eine 2018 im Steidl Verlag erschienene illustrierte Ausgabe mit einem Vorwort von #Ingo Schulze. Das Buch berichtet von einem nie stattgefundenen Dichter- und Verlegertreffen von 1647 unter den abenteuerlichen Umständen der Münsteraner Verhandlungen zur Beendigung des 30-jährigen Krieges . Zu der Deftigkeit des „#Simplizius Simplizissimus“ von #Grimmelshausen ( als ‚Gelnhausen‘ auch beim Treffen dabei) gesellt sich ein Schalk, der mich ‚umgehauen’ hat und eine Sprachlust, die irgendwie ansteckend ist. Das ganze wird getragen von so stark ausgeprägten „Charakteren“, dass selbst der große Aristoteles von der literarischen Qualität überzeugt gewesen wäre.
Und jetzt erlebte ich ein kleines Wunder. Noch von der Lektüre angeregt, schaue ich zum Fenster raus und sehe auf der Treppe vor der Kirche drei junge Männer sitzen. Sie starren auf ihre Mattscheiben, sie sehen, hören und riechen nichts- eben wie die berühmten 3 Affen. Nur eben zeitgemäß. Völlig unprätentiös setzte sich die Zeichenfeder in Bewegung…
Beim abendlichen Fernsehen war dann eine arme „#Comedian“, die unter #Corona-Bedingungen, ohne Publikum das Feuerwerk ihrer eingeübten Einfälle abbrennen musste, das Opfer. Der von irgendwo kommende, ‚abstrakte‘ Beifall erhöhte noch das Gespenstische dieser ‚als ob‘- Veranstaltung. Ich wüsste nicht wie ich diese Sterilität gezielt hätte darstellen können. Entspanntes zeichnerisches ‚Nachahmen‘ ist möglicherweise eher in der Lage das tragisch-komische Moment fast beiläufig zu transportieren. Ob dafür die ‚Charaktere‘ verantwortlich sind, die Aristoteles als notwendige künstlerische Basis für jede Art von Kunstprodukt sieht? Selbst wenn das nur ‚mein‘ Aristoteles wäre, lohnte es dieses innere Potential einer Zeichnung zu bedenken.
English Summary
After the serious discussion about „mimesis“ last week I had ‚over night‘ lost my joy in carefree drawing. With Aristoteles‘ „poetics“ I found some useful hints, but not the door back to my drawing. I found the key after reading a book by Günter Grass, published 1979. It was only now that I had the chance to read the incredible crazy fiction of a poets meeting at the end of the 30years war . The ability to exaggerate and flim knocked me off. It was then that my original joy of drawing returned. Through my window I watched three young men scrolling with their cell phones . It looked very similar to the famous three monkeys. In the night program of TV a comedian performed without any aufience with artificial applause. This was reality comedy! My pen loved it!