In der zu Ende gehenden Woche habe ich über mein im Lauf der Corona -Krise sich veränderndes Verhältnis zur Natur nachgedacht. Eine ungefähre Beschreibung könnte eine „ästhetische Intimität “ sein. An einem alten Motiv, das schon im frühen Ägypten vorkam, einem Detail eines Gartens, wollte ich der Sache praktisch auf den Grund gehen.
Bild1
„Garten-Stück“, Aquarell 30x40cm,©️2020 Ich habe einen Ausschnitt gewählt, der von drei Pflanzen (nach Formen und Farben) bestimmt wurde. Rechts sieht man auf dem Bild die violett-blaue Blütenkugel einer „Allium“ -Art ,links davon ganze Büschel gelb-orangener Akelei und ganz links die hohen, weißen Kerzen einer Acanthus-Pflanze. Mit einem mittleren Haar-Pinsel (6) auf grob gekörnten Aquarell- Papier habe ich versucht die charakteristischen Formen und Farben zu erfassen. Die letztlich spannungslose Reihung der Pflanzen auf dem Querformat fand ich nicht befriedigend.Bild 2
„Garten-Stück“, Aquarell, Feder und schwarze Tusche, 30c23cm, ©️2020 Bei den folgenden Arbeiten, die ich im Atelier fertigte, wurden auf Hochformaten, die ich gern mag, die Pflanzen enger zusammengerückt. Die blaue Kugel wurde zum Hauptmotiv. Auch beim zweiten Bild, bei dem ich schwarze Tusche und Feder für Texturen verwendete, kam ich über die brave Reihung der Pflanzen nicht hinaus. Der Sprung zu Bild 3 war dann erheblich.Bild 3
„Garten-Stück“, Aquarell, ©️2020 Deutlich ist die Wende zur Bild-Ästhetik zu erkennen. Jedes Teilmotiv wurde als ‚Spieler‘ in einer lebendigen Situation eingesetzt. Das stehengebliebene Weiß schafft Abstände zwischen den Farb-Zentren und regt das Auge zum vergnüglichen „Ping-Pong“ ein. Bild 4
Acryl- Garten/Stück zerrissen Die Reste von Bild 4 zeigen kräftige Acrylfarben. Hier folgte ich dem Bedürfnis durch Verdichtung zu einem Bild-Objekt zu gelangen. Einfach gesagt wurde das unerträglich ‚knallig‘. Bild 5:
„Garten-Stück“, Aquarell und Papierschnitt.©️2020 Die Sehnsucht nach dem Objekt, dem Bild als Gegenstand blieb. Schließlich hatte ich ja fast zwanzig Jahre aus Blechen Bildobjekte geformt. Das ging jetzt soweit, dass ich vom Gartenstück in Blech mit kräftigen Lackfarben bemalt,träumte. Unter diesem Eindruck wurde dann der nächste Aquarell-Versuch so dicht, dass das Aufschneiden des Papiers einer Befreiung und Flucht nach vorn gleichkam. Jetzt war allerdings das Bildmotiv zugunsten des Bildobjekts entschieden in den Hintergrund gedrängt.Bild 6 :
„Garten-Stück“, Aquarell auf handgeschöpftem Bütten.©️2020 Die letzte Chance den ursprünglich eingeschlagenen Weg zu meinem Garten-Aquarell noch glimpflich zu Ende zu gehen, ergab sich beim Blättern in meinem Papiervorrat. Ein schweres handgeschöpftes Bütten kam dem Objekt-Bedürfnis entgegen und ließ doch die Leichtigkeit des Aquarells zu. Was ich eingangs als „ästhetische Intimität“ bezeichnet hatte, könnte als eine Form moderner „Aneignung“ bestimmt werden . Es geht nicht um das Erforschen der Natur, nicht um Stimmung , sondern in erster Linie um Kunst, um die Bearbeitung der Natur-Motive mit den Mitteln meiner künstlerischen Methode. Das Naturmotiv wird zum Kunstmotiv! Das ist allerdings ein Allgemeinplatz für alle künstlerischen Äußerungen. Aneignung meint eine Form des ‚Untertan- machens‘, hier eine ästhetisches Besitzergreifung . English Summary on my walks during the Corona crisis I watched a light shift of nature-sensitivity. Watching became more attentive, almost intimate. In a series of garden -water colours i could experience that this intimacy switched to appropriating. There was nothing of worshipping or romanticism left. I wanted to get hold of nature, make it one of my art objects.
Lieber Axel, eine schöne Studie, in der es mir sogar möglich wird, Deinen Erläuterungen zu folgen….Die Wandlung vom Naturvorbild zum abstrahierenden Aneignen des Künstlers. Dennoch: mein Lieblingsbild wäre die Nr. 3.
Liebe Grüße
„G’sund blei’m!“
Rolf