Folgt man Google und Wikipedia, dann ist die aus der Bibel-Exegese übernommene „Kunstexegese“ „out“. Oder härter, eine „no go“- Methode; nahe am „Labern“. Man redet um die Sache kompliziert herum, weil man zur Sache selbst nichts zu sagen hat. Hart!!
Mit Christoph Cless, einem kunstinteressierten, evangelischen Pfarrer, mache ich seit mindestens 10 Jahren kunstexegetische Erfahrungen anderer Art. In unseren Atelier-Gesprächen entstehen spannende künstlerisch-theologische Projekte, oder eben künstlerisch- philosphisch-theologische Exegesen. (Vergl. art77blog, „Halloween, Allsaints, Allerheiligen“, 4.Nov. 2016 und „Martin, the goose bishop of Tours“, 7.Nov. 2016). Diese Woche, am 10. November 2017, geht eine Ausstellung zu Ende, die den Rahmen für eine Reihe von Vorträgen, Lesungen und Diskussionen zu Johannes Reuchlin, einem Zeitgenossen Luthers und „erster“ Humanist Deutschlands, unter dem Titel „Augenspiegel.2017.“ (In Anlehnung an Reuchlins bekannteste Schrift ) bildet. Der Ort ist die Martinskirche in Tübingen, die Gemeindekirche von Christoph Cless.Die ausgestellten Bilder gehen zum grossen Teil auf jahrelange Gespräche mit meinem Theologen-Freund zurück. Dazu kamen Bilder, die ich früher zum“Hohen Lied“, zu Pranges „Gottessucherin“ und Matthias Hermanns Gedichten angefertigt habe und die in die Gespräche eingeflossen waren. Er hatte mir Literatur zur Judaistik und Bücher lebender jüdischer Autoren empfohlen und ich ihm mit meinen Bildkommentaren geantwortet.Während der Ausstellung hat Cless sein einführendes Referat mit Fotos meiner Bilder und Gedichten des jüdischen Autors Matthias Hermann, der im Rahmen der Veranstaltungsreihe aus seinen Nachdichtungen der Psalmen las, als Broschüre veröffentlicht (leider nur in kleiner Auflage. Mehr ging nicht, die Gemeinde hatte ihr Bestes gegeben). Kunstexegese in diesem Verständnis als Methode haben wir anlässlich unseres bisher größten Projekts veröffentlicht :
Christoph Cless, Axel von Criegern: „Bischof Martin von Tours. Ein theologisch-künstlerisches Dialog“. In: Danner, Gansen, Heyd, Lieber (Hg.) Ästhetische Bildung, Perspektiven zu Theorie, Praxis, Kunst und Forschung. BoD Verlag, 2011.
Kunstexegese bedeutet für uns nicht das Interpretieren post facto, sondern die produktive Auslegung eines Themas in Wort und Bild.
Vergl. auch AvC, Meine Bilder. Tübingen( Wasmuth), 2009
English Summary
„Art Exegesis“ seems to be out. There is a lot of criticism about its empty talk. Together with a friend, a passionate lover of art and protestant minister I have the possibility to practise art exegesis in a particularly productive way. Based on literature and a lot of talks about jewish history and culture, I had developed drawings and paintings which were lately presented in his church together with lectures and discussions. 2011 we published an essay about bishop Martin of Tours and called it „A theological- artistic dialogue“. (see above)