„20 Lebensjahre “ Skizze für eine nicht geplante Dokumentation Mitte der 1980er Jahre wurde eine Jeans-Werbung großformatig plakatiert mit dem auf alt gemachten Foto eines Paars in der Mitte und dem darüber lässig hingeworfenen, weißen Schriftzug „life is your film“.
Klar worauf das hinausläuft: fühle dich wichtig als Hauptdarsteller in einem Film, den du selbst produzierst. Nun ist das Thema Selbstinszenierung in Kunst und Literatur nicht neu, aber noch nie wurde man so unverblümt aufgefordert eine Medienperson zu sein: Kaufe unsere Jeans ‚POP 84‘ und du bist ein Filmheld. Lässt man einmal die dreiste Medien-Anspielung beiseite, stößt man auf einen besonders bei jungen Leuten hochsensiblen Punkt: man möchte wahrgenommen werden und am liebsten in seiner Einmaligkeit, der besonderen Identität.
Eng damit verbunden ist die Frage nach der Wirkung auf andere. Auch diese Frage hat eine lange Geschichte. Man denke nur an Legenden und Bilder von Herrschern und Heiligen. Abgesehen von all dem hat jeder Mensch das Grundbedürfnis nach Klarheit über sich selbst. Wir arbeiten kontinuierlich an der Konstruktion unseres Bildes. Wie empfindlich wir hier sind, zeigt uns der Blick in ein Fotoalbum oder Fotobuch. Bilder spielen ein doppeltes Spiel. Sie sind Spiegel, in denen wir uns gern vorteilhaft sehen, und zwar so, wie wir gern gesehen würden.
Ich hatte neulich Lust darauf probeweise die ersten zwanzig Jahre meines Lebens mit Hilfe kleiner Skizzen zu rekonsruieren. Dabei entstand ein Puzzle aus Situationen, Orten, Gegenständen, die mir nach 57 Jahren spontan einfielen. Etwas war auffallend : bis auf wenige Ausnahmen handelte es sich um bereits schon früher von mir aufgegriffene Situationen. Ohne das Ganze als ‚Film‘ zu verstehen, hatte ich offensichtlich immer wieder einzelne Situationen bearbeitet. Völlig neu war nun die Herausforderung eine ‚ stimmige ‚ Reihe zu entwickeln. Ich spürte ,wie das die größere Aufgabe war. Es ging darum einen „Plot“für einen Film zu entwerfen, in dem sich zwanzig Jahre gelebten Lebens für mich überzeugend wiederfinden. Eine harte Nuss!!
Ich kenne dafür kein Beispiel, aber für einen solchen Plot kann man Fotos, Filmausschnitte, Schrift, Interviews, Musik, zeitgeschichtliche Dokumente, Perspektivenwechsel, verwenden. In jedem Fall ist aber die Skizze als Vorarbeit wichtig. Ich kann mir vorstellen, dass das Spiel mit Medien die Versuchung zur Manipulation erhöhen. Muss nicht sein- jedes Leben ist an sich schon ein spannender Film. Das macht einem die Beschäftigung mit dem Entwurf des eigenen Lebensfilm überdeutlich!
Abb. aus Axel von Criegern, „Die unsichtbare Fotografie oder die Ikonografie des Unbewussten.“ In: Wick, Rainer (Hg), Fotografie und Ästetische Erziehung, München 1992, S. 71-82.
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Auch solch ein Vorhaben ist mir nicht fremd, ich hab’s allerdings wohl falsch angefangen, nämlich vom geschriebenen Text her, wie bei einer Graphic Novel. Damit bin ich leider an meine Grenzen gestoßen und habe das Ganze, wegen der Komplexität und dringenderen Projekten sein lassen. Die Idee finde ich allerdings immer noch attraktiv.